Haim

Something To Tell You

Universal

Das Geschwistertrio aus L.A. schafft doch noch den perfekten Pop – einfach so, ohne Metaebene und Neuigkeitswert

Rückblick ins Jahr 2013: Ein bis dato unbekanntes Geschwistertrio aus Los Angeles wird von den Kritikern hochgelobt, ihr kommerzieller Durchbruch scheint abgemacht, alle schwärmen von den „neuen Fleetwood Mac“. Vorschusslorbeeren nach begeisternden Auftritten und einer EP, auf die mit „Days Are Gone“ ein eher mediokres Album folgt. Doch nur eine weitere nette Indieband? Zu unentschlossen ist das Debüt. Vielleicht hat man auch einfach zu viel erwartet.

Heute, vier Jahre später, liefern Haim mit „Something To Tell You“ eine nahezu perfekte Platte. Doppelter, dunkler und gepresster Gesang, Chöre im Hintergrund, sehr viel Hall und eine funkige Basslinie. Dazu manchmal ein Hauch Akustikgitarre, hier und da rhytmisches Klatschen, elektronische Spielereien und Refrains, die sich ganz tief in den Hirnwindungen festsetzen. Vieles davon mag auf Dauer austauschbar sein, irre viel Spaß macht es trotzdem. Die Songs bieten alles, was guten Mainstreampop heute ausmachen kann.

Problemfeld Kommunikation

Inhaltlich widmen sich Haim auf dem Album den Schwierigkeiten der Kommunikation: Wie ist das, wenn gute Freunde durch die digitalen Möglichkeiten immer greifbar und nah sind? Der Song „Kept Me Crying“ dreht sich um den sogenannten Booty Call, also die Verabredung zum Gelegenheitssex durch den Code „U Up?“ via Chatnachricht. Haim haben aufgepasst: Die erfolgreichsten Songs der Populär­kultur sind seit den Beatles die einfachen, weil sie nun mal viele Menschen ansprechen, ein Umstand, den die Geschwister geschickt für sich nutzen, sprechen sie doch genau die Themen an, über die sogenannte Millennials reden. Sie sind die Generation, die nicht ohne Smartphone sein kann und sowohl die positiven als auch die negativen Seiten der Digitalisierung kennt.

Haim singen sich davon frei – mit dem schlichten Fazit, dass es letztlich lediglich darum geht, mit sich und seinem Leben zufrieden und im Reinen zu sein. Das trifft einen Nerv, hat aber natürlich keinen Neuigkeitswert und auch keine Metaebene. Doch wer sagt eigentlich, dass gute Popmusik so etwas zwingend braucht?