Grant Hart
The Argument
Domino
Das Konzept des neuen Grant-Hart-Albums klingt eher, als hätte der Theatermacher Robert Wilson einmal mehr Tom Waits oder Lou Reed zur Verkitschung eines Klassikers gezwungen: „The Argument“ ist eine musikalische Umsetzung von John Miltons „Paradise Lost“ in der Sci-Fi-Version von William S. Burroughs (die übrigens „Lost Paradise“ heißt). Kunscht! Dabei hatte Hart mit „Hot Wax“ seine zehnjährige Schaffenspause doch 2009 so beiläufig wie betörend beendet. Andererseits: Jemand, der schon die letzten Tage von Pompeji besungen hat (mit Nova Mob) und ein Live-Album nach Nietzsche „Ecce Homo“ nannte, fühlt sich definitiv zu Höherem berufen.
Der erste Song nach dem für Konzeptalben wohl üblichen Vorgeplänkel und –getöse klingt ganz gut, eine Ode an den Morgenstern mit Hart-typischer Melodei, Orgel, Schrummelgitarren und Minimalschlagzeug. Kein Lou Reed, keine billige Provokation, niemand reimt „tits off“ auf „Boris Karloff“, keine Theatermusik mit Drehleier und Mützenäffchen – kein Grund zur Sorge. Zumindest erst mal nicht. Später hält das Kunstgewerbe mit Kirmesorgel, Cabaret- und „Dreigroschenoper“-haften Stücken und einem in Blankversen komponierten Rezitativ dann doch noch Einzug in diesen länglichen Songkosmos („The Argument“ ist an die 80 Minuten lang, also eigentlich ein Doppelalbum). Doch dazwischen gibt es immer wieder hübsch Bowieskes – liegt irgendwie auch nahe, schließlich kommen die Erzengel in Burroughs’ Version vom Sündenfall als Besucher von fremden Planeten über die Welt.
Der schönste Song kommt ganz am Ende, er heißt „For Those Too High Aspiring“, mit dem Titel ist gewissermaßen schon alles gesagt über dieses Album.