Goldfrapp
„Felt Mountain“
Mute/BMG (VÖ: 25.3.)
Der Electro-Klassik-Klassiker in der Jubiläumsedition
Wir hören die Bläser von John Barry und das Clavinet von Lalo Schifrin. Aber die Bläser und das Clavinet sind nicht von Barry und Schifrin, sie klingen nur so traumhaft wie aus der Feder der Großmeister. Und das macht das Goldfrapp-Debüt aus dem Jahr 2000 zum vielleicht einzigen Album seiner Art. Mitte der Neunziger entstand die Mode, Beat und Soundtrack-Klassik mit Pop („This Is Hardcore“ von Pulp) oder TripHop („Dummy“ von Portishead) zu paaren, aber angereichert mit historischen Samples prominenter Vorbilder, die die Struktur und Dramaturgie der Lieder ihrer Epigonen maßgeblich prägten.
Goldfrapp hatten alles, was ihnen damals einfiel, in diese neun Songs gegossen
Das Duo Goldfrapp aber schuf für seine Nachempfindungen der 60er-Jahre-Filme, in denen Spione aus der Kälte kamen, komplett eigene Kompositionen. Noch heute verwundern einen die Album-Credits: Darin sind keine Fremdbeiträge gelistet, dafür aber Instrumente wie das japanische Koto oder ein eigens beschäftigter Besenspieler. Alison Goldfrapps Sopran erschien fordernd, gleichzeitig elegant, außerdem so weise, als würde es sich bei „Felt Mountain“ nicht um einen Erstling handeln, sondern um ein Alterswerk, das letzte Rampenlicht einer Diva. Goldfrapp pfeift („Lovely Head“) und jodelt durch einen Verzerrer („Pilots“), als ob sich eine Außerirdische an überholten Kommunikationsformen mit Menschen oder Wildtieren versucht.
In „Human“ kämpft sie sich durch einen Mambo-Rhythmus, ihr Partner Will Gregory arrangiert dazu eine elektronische Cabaret-Begleitung mit schwindelig machenden Streichern. Der Nachfolger, „Black Cherry“, mit seinen Disco-Hymnen kam 2003 wie ein Schock, erscheint in der Retrospektive aber als weitsichtig. Der „Felt Mountain“-Traum von Todessehnsucht, Brave New World und Agententhriller in Cinemascope ließ sich nicht wiederholen. Dass diesem Reissue auf CD und LP keine Bonus- Tracks beigefügt sind, sollte nicht enttäuschen – wahrscheinlich gibt es keine weiteren Stücke jener Zeit. Goldfrapp hatten alles, was ihnen damals einfiel, in diese neun Songs gegossen.