Glenn Frey
After Hours
Universal VÖ: 20. Juni 2012
Folgende Klischees sind für diese Rezension unerlässlich: ein Gesicht wie ein Amboss, eine Stimme aus Gold, die Streicher schluchzen, das Piano perlt, das Schlagzeug klingt wie das Rascheln von Bettdecken, Brillanz in Samt, ein guter Jahrgang, edel-patinierter Sound.
Glenn Frey hat alles erreicht, was man in diesem Business erreichen kann, hat mit den Eagles Abermillionen von Platten abgesetzt und begeht seinen Ruhestand nun mit dem würdevollen „After Hours“. Die Perfektion, mit der er seine Versionen von Klassikern legendärer Crooner und Zeitgenossen (Nat King Cole, Tony Bennett, Dinah Washington, Brian Wilson) darbietet, ist kaum zu überbieten. In „My Buddy“ schmachtet Frey wie ein geläuterter Willie Nelson; in „The Good Life“ schwingt er sich in Höhen hinauf, die keiner der R&B-Stimmakrobaten, die sich täglich in Castingshows abrackern, derart lässig intonieren könnte. Doch die schönsten Stücke finden sich am Ende: der Beach-Boys-Höhepunkt
„Caroline, No“ und Randy Newmans verstörendes Liebeslied „Same Girl“. Frey agiert dabei stets zurückhaltend – genau darin liegt der Reiz dieses mitternächtlichen Streifzuges durch die populären amerikanischen Musikstile der 40er- bis 60er-Jahre. Emotionen existieren in Freys bis zur totalen Künstlichkeit stilisierten Melancholie nur als Erinnerungen. Und nichts scheint jemals zu vergehen, weil alles längst Vergangenheit ist.