Gemma Ray
„Gemma Ray & The Death Bell Gang“
Bronze Rat (VÖ: 20.1.)
Atmosphärisch dichtes Zwischenspiel mit Ralf Goldkind
Auch das kann davon kommen, wenn frau bloß mal auf eine Tasse Tee beim Nachbarn vorbeischaut. Allerdings nur, wenn der Nachbar Ralf Goldkind heißt, in Tempelhof das Studio nebenan betreibt und zuvor unter anderem mit den Fantastischen Vier oder Mona Mur gearbeitet hat. Dem Teeklatsch folgte schnell der Austausch von Vocal- und Sound-Files, der wiederum das Songwriting von Gemma Ray anregte. Bis schließlich Gastbeiträge von Kristof Hahn (Swans/Lap Steel) und Rays bewährtem Schlagwerker Andy Zammit das Werk der Totenglockengang vollendeten.
„No happy shit“
Im Auftakt, „No Love“, läutet dann auch tatsächlich gleich mal eine Totenglocke in die Pause hinein, die Gemma Ray setzt, nachdem sie „early warnings were clear“ gesungen hat. Ja, das hier ist durchaus schwerer Stoff. „No happy shit“ stand schließlich als Warnhinweis an der Studiowand. Also geht es gleich anschließend mit viel Uh-huh zur „Procession“, während der paranoide Electro-Gospel „I Am Not Who I Am“ und der kleine Fuzz-Albtraum „All These Things“ die Schraube später noch etwas fester ziehen.
Doch Gemma Ray ist zu klug, um nicht zu wissen, dass all der schöne Horror letztlich nur wirken kann, wenn er nicht vollends im eigenen Sumpf versinken muss, sondern von einem kleinen Kontrastprogramm aufgefangen wird. „You’re not the only one with a scent for something“, versichert sie uns also im fast tröstlichen „Howling“. Und „Come Oblivion“ mit hübsch getrippeltem Gesang über einfach absteigenden Keyboardakkorden ist dann gar nicht so weit entfernt von den Torch Songs, die sie sonst oft im Angebot hat.
Wie eine unvermutete, aber willkommene, aus dem Moment geborene Kurzintervention
Gemma Ray nutzte also die Gelegenheit, die sich aus einer Tasse Tee ergab. So klingen die zehn Stücke auch: wie eine unvermutete, aber willkommene, aus dem Moment geborene Kurzintervention, die aber durchaus länger nachhallt. Dem Ort der Begegnung wird ebenfalls gehuldigt: Das Instrumental „Tempelhof Desert Inn“ möchte aber ein bisschen zu sehr so klingen, wie der Titel es nahelegt.