Florence + The Machine
Ceremonials
Universal
Ein verspult klimperndes Klavier, durchbrochen von entschlossenen Akkorden. Dann diese mit maximaler Bedeutung aufgeladene Großstimme. Erst zaghaft, schließlich entschlossen zugreifend, geht sie ohne zu zögern in den ersten hypertheatralischen Chor über. Florence Welch ist zurück, man erkennt sie noch vorm Refrain von „Only For The Night“.
Die Musikerin wollte diesmal mehr von allem haben, wie sie dem Produzenten Paul Epworth erklärte. Mehr Drama, mehr Chöre, mehr Pop, mehr Leben, mehr Tod – ja, auch das. So ist „Ceremonials“ ein gewaltiges Update ihres wagnerianischen Düster-Drama-Soul-Pop-Konvoluts geworden. Und damit wird sie jetzt alle kriegen: Bereits im Mai brachte sie auf einer Veranstaltung für den verstorbenen Designer Alexander McQueen Paul McCartney und Madonna zum Tanzen, aktuell inspiriert ihr Goth-Biedermeier-Look die Herbstkollektion von Gucci. Freilich: Derartiges gelingt auch Lady Gaga, aber Florence macht auch noch gute Musik.
Man muss generell unbedingt dankbar sein für diese Generation junger britischer Frauen, die dem stagnierenden R&B amerikanischer Prägung so entschlossen einen anderen Pop-Entwurf entgegensetzen. Gefühlt gehören all die Adeles und Lily Allens ja unbedingt zusammen, weil es eben manchmal doch entscheidend ist, ob man daheim im Mädchenzimmer Madonna oder Kate Bush gehört hat.
Die britische Pop-Großmeisterin ist der gemeinsame Nenner all dieser Frauen. Nicht immer tritt ihr Einfluss auf „Ceremonials“ so deutlich zutage wie in „Breaking Down“, trotzdem ist Bush auf dieser Platte allgegenwärtig. Von ihr hat Welch das Changieren zwischen gewaltiger Stärke und zartem Wispern – und die Erkenntnis, dass man sich ein paar Geheimnisse bewahren sollte.
Bei Zeilen wie „I don’t care if I live or die/ I don’t want no future, I don’t need no past“ („Leave My Body“) ist der Sinn fürs Drama vielleicht etwas zu ausgeprägt. Aber manchmal ist auch Flo Welch einfach nur eine 25-jährige junge Frau, die Frida Kahlo mag und Wodka-Longdrinks. Und vielleicht ist es gerade das, was sie so stark macht.
Beste Songs: „What The Water Gave Me“, „Breaking Down“