FKA twigs
„Eusexua“ – Nicht von dieser Welt
Warner (VÖ: 24.1.)
Cybersex in höchsten Tönen: Die britische Sängerin setzt auf Symbolismus zum Tanzen.
Das ist mal eine WorkLife-Balance: Das Video zu „Eusexua“, dem Titeltrack des neuen Albums von FKA twigs, startet in einem Großraumbüro. Die britische Sängerin, gewandet in angemessenem Mausgrau, wird vom Chef mit strengen Blicken gemaßregelt. Dann flackert ein Herzschlag auf, der sich in einen düsteren, satten Dance-Beat wandelt – und zwischen Schreibtischen und Telefonen entsteht mit halb nackten Kolleg:innen eine Tanzchoreo, gegen die keine Büro-Weihnachtsfeier ankommt. Doch FKA twigs ist bekanntlich nicht von dieser Welt, sondern eine Art Barbarella: eine Außerirdische, die antrat, um die Welt mit Sinnlichkeit zu retten. Folgerichtig geht es im Alien-Look weiter.
Als ob FKA twigs zusammen mit Erykah Badu einen Trip nimmt und dann vom Raumschiff abgeholt wird
Auch das dritte Werk der 36-jährigen Musikerin mischt Sci-Fi-Sex mit ätherischem Symbolismus – es geht ums „Fühlen“, das wird auf jedem der elf Songs deutlich. In „Perfect Stranger“ umschreibt sie die befreiende Anonymität eines One-Night-Stands mit den Worten: „You’re a stranger, so you’re perfect/ Just give me the person you want tonight“, im dazugehörigen Video verkörpert sie in einer Szene Allen Jones’ berüchtigten BDSM-Tisch aus den 60er-Jahren – auf allen vieren trägt sie eine gläserne Tischplatte auf dem Rücken. Die vom britischen DJ Koreless und der US-Produzentin Eartheater produzierte Platte ist eine konzentrierte Hommage an die fisselig-scharfen Dance-Sounds der 2000er, an frühe Neptunes- und Timbaland-Produktionen, gemischt mit sphärischen, transzendentalen Anwandlungen. „Keep It, Hold It“ könnte mit seinen gospelartigen Call-and-Response-Teilen auch ein Mantra sein. Als ob FKA twigs zusammen mit Erykah Badu einen Trip nimmt und dann vom Raumschiff abgeholt wird.
Und apropos: Wie überirdisch hoch FKA twigs kieksen kann, hat sie schon oft unter Beweis gestellt – auf „24 Hr Dog“, das ebenfalls Unterwerfungsszenarien zitiert, bewegt sich ihre Stimme fast in Hundepfeifen-Frequenz. Doch es geht der Künstlerin, die auch als Model arbeitet und seit Jahren problemlos die Szenen mischt, unterm Strich natürlich um das Tanzen zu elektronischen Sounds, nur kompromisslos müssen sie sein. Und so klingt die Snare auf „Room Of Fools“ scharf, als ob Papier zerrissen wird. Nur das liebliche Glockenspiel am Ende des Songs offeriert dann doch noch etwas Balsam für die Seele.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 2/25.