Fischer-Z
Stream
Es gibt keine „Cruise Missiles“ mehr. Und „Berlin“ ist auch nicht mehr das, was es einmal war, damals, 1981, als John Watts mit schneidender Stimme über wavigen Reggae-Riffs die „Red Skies Over Paradise“ besang, „I’m simply sentimental“, klagt er 14 Jahre später beim Anblick der fehlenden Mauer. Wo sind die Panzer? Wo sind die Russen?
Das neue, freie Berlin – nichts weiter als ein gewaltiger Bahnhof, eine „Goldrush Town“: „A meeting point between east and west/ Between a refugee and a hotel guest.“ Ach ja.
Fischer-Z sind zurück. Natürlich nicht in Original-Besetzung für den egozentrischen Band-Diktator John Watts bestand die Formation von Anfang an ja sowieso immer nur aus ihm und musikalischer Staffage, die er stets rigoros und begleitet von cholerischen Wutanfallen auswechselte. Auf „Stream“ bilden Hadji (Gitarre), Peter Sinden (Baß), Chuck Sabo (Schlagzeug) und Simon Clark (Keyboards) Fischer-Z – Namen, die trotz vorzüglicher, unauffälliger Arbeit aller Erfahrung nach auf dem nächsten Album (wenn es denn eines gibt) wieder verschwunden sein werden. Fischer-Z sind John Watts. John Watts ist Fischer-Z.
Und Watts beherrscht sie noch immer, diese mit markiger Stimme gesungenen Pop-Perlen zwischen New Wave und Folk. Elf Songs, kein Ausfall: „Stream“ ist ein Album wie aus einem Guß, ein seelenruhig dahinfließender Song-Zyklus mit passendem Namen. Oberhaupt fließt es oft und viel auf „Stream“: Die Stücke tragen Titel wie „Stream Of Unconscious“ oder „You Never Cross The Same River Twice“, und hinten auf dem Foto-Cover fließt eine Welle ins Meer zurück, und mittendrin in dieser meerhimmelblauen Idylle stolziert eine blumenkranztragende Nackte ins Wasser, die aus der Ferne verdammt wie Cicciolina aussieht. Sehr schön.