Falco – Einzelhaft
„Der Mann hinter Falco“, bei den Gedenkfeierlichkeiten bisher gnädig im Abseits geblieben, meldet sich nun doch zu Wort. Anlässlich dieser „25th Anniversary Edition“ von „Einzelhaft“ schreibt Produzent Robert Ponger – „der Bob“ – im Booklet ein paar Erinnerungen an die Anfänge nieder. Wie er also im „Jänner 1982“ den Bassisten von Spinning Wheel auf der Bühne beobachtete, in dem er „den jungen Marion Brando, David Bowie und die Verstörtheit des frühen Bob Dylan“ erkannte. „Noch in derselben Nacht“ schrieb er die Musik für jenen Song, der später als „Der Kommissar“ berühmt wurde. Hansi Hölzel hatte „im Handumdrehen“ den Text fertig; im Studio nahmen sie dann den Rap auf und hatten Falco erfunden. „Wenn es jemals einen gleichwertigen Antipoden zu Woody Aliens ,Stadtneurotiker‘ gegeben haben sollte, so war dies mit Sicherheit Falco“, glaubt Ponger. Mit Sicherheit eine bizarre Einschätzung.
Aber Pongers Aufgabe war ja nicht das Fabulieren, sondern der Sound von „Einzelhaft“. Die Platte enthält großartige Stücke: „Zuviel Hitze“ mit unwiderstehlichem Groove und Refrain, „Der Kommissar“ (trotz Sugarhill Gang-Plagiat) und „Ganz Wien“. All diese Songs handeln von „der Stadt“ (siehe „Stadtneurotiker“), von einem diffusen Gemisch aus Drogen. Geld, Posen, Sex und Gefahr – ziemlich genau von Falco selbst also. Bemerkenswert auch, wie unschuldig der Hallodri das schlagerhaft-karibische „Siebzehn Jahr“ als Variation über ein Lied von Udo Jürgens wienert. Bei „Maschine brennt“. „Keine Schule mehr“ und „Einzelhaft“ übertrieb Ponger den Produktions-Pomp a bisserl – so groß konnte damals keine Disco sein, um solchen hymnischen Euro-Trash goutierbar zu machen. Die Panik des jungen Mannes, seine Gehetztheit und Ungeduld werden abgebildet in „Auf der Flucht“, dessen Synthesizer-Rhythmik schon ganz hektisch wirkt. Die pulsierende Nervosität lässt an einen anderen New Yorker Neurotiker denken: an David Byrne und seinen „Psycho Killer“. Natürlich hatte Ponger neben Bowies „Heroes“ auch „Remain In Light“ studiert. Und Rick James und die Sugarhill Gang eben. Und da hat er dann a weng geklaut.
Wenn es eine „Neue Welle“ gab, dann war Falco ihr begabtester Surfer. Im Sommer 1982 gab es Hubert Kah, Spider Murphy Gang und UKW, und es gab „Einzelhaft“. Deutsch sollte Falco singen, also rappen, hatte Robert Ponger beschlossen. Das war ein Glück für Falco, denn diese eine Sorte von Text – Paranoia, Großmannssucht. Schmäh und das Gefühl, dass es keinen zweiten Akt geben wird – gab ihm ein Alleinstellungsmerkmal. Nie mehr, ausgenommen bei „Junge Römer“, passte der forcierte, überbordende „internationale“ Sound so angegossen zu der Figur, die Hans Hölzel hauptberuflich darstellte und in seinen Texten illuminierte. Längst war er in Einzelhaft.