Emmylou Harris & Rodney Crowell
Old Yellow Moon
Nonesuch/Warner
Auf die Knie: Emmylou ist die unumstrittene Country-Grande-Dame. Zwölf Grammys hat sie in knapp 40 Jahren Karriere gesammelt, noch immer strahlt ihr Sopran mit beinahe jugendlicher Kraft. Und wenn die bald 66-Jährige unter der weißen Lohe lächelt, dann steht ihre Version von Matraca Bergs zurückschauenden „Back When We Were Beautiful“ sofort unter Koketterieverdacht. Alles an der Harris wirkt groß, rein, schön. Ganz auf Augenhöhe begegnet ihr Rodney Crowell nicht, der in den 70er-Jahren Gitarrist ihrer Hot Band und seither zum Songwriter höchster Güte geworden war. Aber die Mischung aus alter Nähe, musikalischem Verständnis und Geschmack, am Küchentisch von Produzent Brian Ahern nach langen Planungsjahren zum Projekt gereift, funktioniert fast perfekt.
Stimmen, Gitarre, Fiddle, Lapsteel, Mandoline finden zumeist traumwandlerisch sicher zusammen. Dabei beginnt das Album mit bisslosen Versionen von Hank DeVitos „Hanging Up My Heart“ und Roger Millers „Invitation To The Blues“ noch mit einer lästigen Überdosis südkalifornischer Cowboystiefeligkeit. Doch dann nehmen sich die beiden der Patti-Scialfa-Sehnsucht „Spanish Dancer“ an, und alles wird groß, rein, schön.
Rodneys erster famoser eigener Moment kommt mit der lakonischen Lebensbilanz „Open Season On My Heart“: „The days go by like flying bricks/ leave gaping holes too deep to fix.“ Und auch die weiteren Songs, alle seit Jahren bekannt, schlagen meist tiefe emotionale Krater. Allen Reynolds’ Walzer „Dreaming My Dreams“, einst von Waylon Jennings perfekt interpretiert, findet ebenso einen neuen Ton wie der schwül-hitzige, präkoitale Countryblues „Black Coffeine“ (DeVito/Cowart). „Bluebird Wine“, Einstieg in Harris’ 1975er-LP „Pieces Of The Sky“, erhielt von Crowell zwei frische Strophen, „Bull Rider“, 1979 von seinem Schwiegerpapa Johnny Cash aufgenommen, endlich eine eigene Fassung des Autors, der einen Teil seiner verklärten texanischen Jugend auf Rodeos verbrachte. Eine souveräne Leistung zweier Routiniers, die egomanischen Heckmeck nicht mehr nötig haben.