Elvis Costello

Momofuku

Universal

Die „richtige“ Version dieses Albums sei auf zwei Stücke schwarzes Plastik gepresst, schreibt Elvis Costello auf seiner Website. „Momofuku“ erschien daher zunächst nur auf Doppelvinyl (inkl. Downloadco­de). Die gut 47 Minuten hätten zwar auch auf eine einzelne Platte gepasst, aber der Künstler wollte maximale Soundqualität. So mutet die schöne Idee, mit einer klassischen LP-Veröffentlichung noch ein letztes Mal die Kunstform Album zu feiern, am Ende wie ein spleeniger HiFi-Fetischismus an. High fidelity – can you hear me?

„Momofuku“ trägt den Namen des Erfinders der Instant-Nudelsuppe, denn „all we had to do to make this record was add water“. Eigentlich hatte Costello nur bei einigen Songs der Rilo Kiley-Sängerin Jenny Lewis mitsingen wollen, dann wurde daraus eine Session, bei der neben Lewis Imposters-Bassist Davey Faragher Songwriter Jonathan Rice, Dave Scher von den Beachwood Sparks, Tennessee Thomas (Tochter von Pete) und schließlich alle Imposters mitspielten.

Dass Elvis Costello nicht genügend gute Songs auf Lager hat, musste man noch nie befürchten. Wenn er mal scheiterte, dann an zu großer Ambition. Doch dafür war dieses Mal gar keine Zeit. „Momofuku“ ist der musikalisch direkteste Costello seit „Brutal Youth“. Und wie damals wirft er sich mit Verve in längliche Narrationen und brachiale Melodik. Doch die amerikanisch-beseelten Imposters (der Bass!) sind variabler als einst die britisch-bissigen Attractions, und die Mitmusiker erweitern das klangliche Spektrum noch um einige Farben. So hat „No Hiding Place“ zu Beginn zwar die Kratzigkeit von „Blood And Chocolate“, doch die Harmonien der „Vocal Supergroup“ um Jenny Lewis sorgen für den erlösenden Pop-Moment. Die Sex-&-Crime-Story „American Gangster Time“ kommt da kompromissloser, die Imposters im Crazy Horse-Modus, und Steve Nieve holt die alte „Pump It Up“-Orgel raus. Pete und Tennessee Thomas evozieren auf „Turpentine“ die Polyrhythmik von „When I Was Cruel“, psychedelische Gitarren durchkreuzen himmlische Harmonien, und man zählt seine zehn liebsten Costello-Songs durch und schaut, ob da noch Platz ist für diesen hier.

Einmal umdrehen, und es folgen der leichte, urkomische Bossa Nova „Harry Worth“, der federnde Shuffle „Skin & Bone“ und die erhabene Ballade „Flutter & Wow“ – Costello zwischen Allen Toussaint und Van Morrison. „Stella Hurt“ zeigt die Imposters zu Beginn der dritten Seite auf Attractions-Spuren, ca. „Trust“, „Mr. Feathers“ paart Kinks-Lakonie mit „Revolver“-Harmonien, das rührende „My Three Sons“ ist Costellos „Forever Young“. Die Träne, die man da verdrückt, muss man gar nicht erst wegwischen, denn auf Seite vier drosselt Costello das Tempo, nimmt sich Zeit für große Emotionen: beim in vollem Country-Rock-Ornat betörend zurechtgemachten „Song With Rose“, das er mit Rosanne Cash schrieb, und der mit Loretta Lynn verfassten filigranen Stilübung „Pardon Me Madam, My Name Is Eve“. Am Ende kehrt Costello mit dem furiosen Beat von „Go Away“ zurück an die Merseyside. „But she won’t need possessing/ Just undoing and undressing.“ Der größtmögliche Spaß, den man vollständig bekleidet haben kann. Jetzt auch auf CD. (Lost Highway/Universal)