Eels

Wonderful, Glorious

E Works/Cooperative

„I’ve had enough of being complacent/ I’ve had enough of being a mouse/ I’ll no longer keep my mouth shut/ Bombs away, gonna shake the house“, singt Mark Oliver Everett zu Beginn des zehnten Albums seiner Band Eels. Auf-Zehenspitzen-Gehen war früher, Verhuscht­sein wie eine Kirchenmaus ist vorbei. Es ist ein kraftvolles, lebensbejahendes Stück mit der abschließenden Warnung: „If you’re not ready then you better get out now!“ Lustig, dass dieser Song von einem Mann kommt, der ja nie ruhig war und selten leise durch die Gegend schlich. Und doch passt es, denn Everett musizierte immer ein bisschen unter dem Radar, schien sich stets vor dem Erfolg wegzuducken. Dabei hatte er ja einst einen richtigen Hit – dessen faszinierendstes Element eine Pause war. Eine lange Pause mitten in einem mitreißenden Rocksong. Seit „Novocaine For The Soul“ sind mehr als 16 Jahre vergangen, aber Everett kann das immer noch: verstören, wenn es gerade gemütlich wird. Aufschrecken, wenn man es nicht erwartet. Vielleicht ist „Wonderful, Glorious“ das freundlichste Album, das er je aufgenommen hat; es entstand in seinem neuen Studio in Los Feliz. Kalifornische Sonne hört man allerdings nicht durchscheinen. Eines der neuen Stücke heißt nicht zufällig „Kinda Fuzzy“. Es ist immer noch dieses verschwommene Etwas, das unterschwellige Chaos, das die Lieder der Eels so attraktiv macht: Everett kann von Pfirsichblüten, Tigerlilien und Ringelblumen singen, ganz ohne Ironie – und doch hört man immer das Unheil mitschwingen. Mag sein, dass es auch daran liegt, dass man seine tragische Familiengeschichte kennt. Vater, Mutter und Schwester starben innerhalb von sieben Jahren auf grausamste Weise. In seiner Biografie „Things The Grandchildren Should Know“ – auf Deutsch leider „Glückstage in der Hölle“ – erfährt man, wie man das überleben kann, ohne verrückt zu werden. Wer nur die Musik hört, merkt aber auch, dass etwas nicht stimmt – am wütend wummernden Schlagzeug, an einer traurig gezupften Gitarre. Umso mehr springt einen der unbedingte Lebenswille in Liedern wie „New Alphabet“ an, die dafür plädieren, sich einfach einen eigenen Sinn zu suchen, wenn die Welt keinen Sinn ergibt: „You know what? I’m in a good mood today/ Well I’m so happy it’s not yesterday.“ Kurz vor seinem 50. Geburtstag hat sich Everett offensichtlich von allen irdischen Zwängen losgesagt. Er klingt immer noch zerschossen, seine Liebeslieder sind immer noch seltsam, und doch wirkt er freier denn je. So muss ein Mann klingen, der keine Angst mehr hat vor dem Tod. In „I Am Building A Shrine“ singt er: „Deep down in the cold ground/ Such a sad place to be/ But I’ll be fine with all the little things/ That I’m taking with me.“ Ein Glückspilz, dieser Typ.