Editors
Violence
Zu viel Bedeutungsschwangeres, kaum gute Songs der Briten
Editors sind eine ernste Band. Wenn sie ein Album „Violence“ nennen, weiß man, dass es um Machtmissbrauch geht, um Korruption und eine Zivilisation kurz vor dem Abgrund. Aber da sie der Welt auch etwas zurückgeben wollen, belassen sie es nicht bei einer düsteren Zeitdiagnose, sondern haben stets auch einen Funken Hoffnung parat. Eine Prise Dystopie, eine Prise Kopf-hoch-Optimismus, abgerundet mit einem Schuss Pathos. „Help me carry the fire“, singt Tom Smith in „No Sound But The Wind“.
Die Editors könnten U2 sein. Oder Depeche Mode. Doch sie sind nur mittelmäßig begabte Epigonen, die kaum mal einen guten Song hinbringen. Weil sie das selbst wissen, bauen sie Kathedralen aus den Trümmern von Post-Punk, Industrial und New Wave, wärmen sich an der großen Endzeitmelancholie und zelebrieren ihren Apokalypse-Dancepop auf so vielen Festivalbühnen, bis manche Menschen den Eindruck bekommen, es handele sich um eine Band von ungeheurer Wichtigkeit. „Violence“ wird sich vorzüglich in diese wohlige Weltuntergangsroutine fügen.
Produktionstechnisch kratzen die Editors am Mainstream. Dort, wo die inhaltlichen Leerstellen besonders auffällig klaffen, bratzen und hämmern Beats, Riffs und Synthies los, etwa im tumben Bombast von „Hallelujah (So Low)“, das auch ein Skrillex-Remix eines Arctic-Monkeys-Stücks sein könnte. Der Titelsong pulsiert unruhig, leiht sich seinen Chorus zu gleichen Teilen von Enigma und Arcade Fire und mündet in eine Kraftwerk-Hommage. Und wie bei allen aktuellen Bedeutungsheimern darf natürlich ein David-Bowie-Zitat hier und da nicht fehlen.
Ein derartiges Gemenge besitzt die Kraft der totalen Überwältigung. Doch was liegt hinter der Fassade aus perfekter Stilisierung und überzüchteten Sounds? Wird man sich dereinst an einen einzigen Song dieses Albums erinnern können? Das Editors-Konzept scheint darin zu bestehen, ein elegisches Rauschen zu erzeugen, um die Illusion eines Gesamtkunstwerks zu erzeugen. (PIAS)