Eddie Vedder
„Earthling“ – Aufgeblüht im Dunkeln
Seattle Surf/Universal (VÖ: 11.2.)
Der energiegeladene Pearl-Jam-Sänger versprüht solo Funken – mit vielen Gästen.
Wer im Internet nach Eddie Vedder sucht, landet sofort bei Pearl Jam. Und das liegt nicht daran, dass der Typ zu faul wäre, sich eine eigene Website zu bauen. Vedder ist seit 32 Jahren der Sänger von Pearl Jam, und sobald seine Stimme erklingt, denken alle sowieso sofort an diese Band, sie ist sein Leben. Solo hat er deshalb bisher immer ziemlich anderes Zeug gemacht, um sich zu unterscheiden, Soundtrack-Arbeiten etwa oder sanftere Sounds.
Eddie Vedder ist ein Meister der Umarmung und Überwältigung
Doch diesmal hält sich Vedder nicht, wie bei „Ukulele Songs“ (2011), zurück, sondern lässt es krachen. Möglicherweise liegt das auch an der erzwungenen Tourpause – zu viel überschüssige Energie. Er holte sich Andrew Watt (der schon alles Mögliche von Ozzy über Miley Cyrus bis Ed Sheeran produziert hat) und lud viel prominentes Personal ins Studio ein, darunter zwei (Ex-)Chili Peppers, Chad Smith und Josh Klinghoffer. Stevie Wonder, Ringo Starr und Elton John tauchen auf – und sogar Vedders verstorbener Vater, dank eines wiedergefundenen Tapes.
Eine illustre Mischung also, genau wie die Songs ein schwungvolles Rockmusik-Potpourri sind. Die Einleitung von „Invincible“ macht gleich ordentlich Druck: „Can you hear me? … Come in, come in!“ Trommelwirbel und Ah-ah-ahs, Bratzgitarren und Wüten gegen die Verhältnisse, wehmütige Gesänge: schon in den ersten zehn Minuten alles da. Natürlich schimmert bei den 13 Stücken immer wieder auch der Melancholiker durch, „Long Way“ beschwört den Geist von Tom Petty, das akustische „Fallout Today“ bewegt gerade durch seine Schlichtheit, „Mrs. Mills“ erinnert anfangs an Cat Stevens (und an die Beatles sowieso).
Auch ohne seine Band beherrscht Vedder das schöne alte Dynamikprinzip, dass Gasgeben erst so richtig wirkt, wenn zwischendurch die Bremse angezogen wird – siehe „Brother The Cloud“ und „The Dark“. Seine „Rose Of Jericho“ blüht auch auf Beton, Elton John passt perfekt ins „Picture“. Wenn man diesen Songs etwas vorwerfen kann, dann nur, dass sie natürlich nicht mehr sehr überraschend sind. Aber das wäre ein kleinlicher Einwand. Eddie Vedder ist ein Meister der Umarmung und Überwältigung, der viele Funken Zuversicht in einer dunklen Zeit versprüht. Die Tage werden wieder heller für uns Erdlinge.