Dire Straits The Vinyl Albums Collection :: Wer in den vergangenen Jahren häufig Bob-Dylan-Konzerte besucht hat, wird womöglich im Vorprogramm einen kahlköpfigen, milde lächelnden Mann gesehen haben, der älter wirkte als sein 72-jähriges Idol. Doch lange bevor Bandanas zur Dorffestrequisite von Oldie-Deppen gehörten und die bloße Erwähnung von Blues-Rock bereits Herpesbläschen verursachte, lange also bevor Dire-Straits-Musik zum Vorruhestands-Soundtrack für Nostalgiker avancierte, die an Samstagnachmittagen ihre teuer erstandene Nobelkarossen zu irgendeinem Oldtimertreff steuern, war Mark Knopfler der coolste Hund jenseits von Punk und New Wave. Und „Dire Straits“ (****) 1978 das unwahrscheinlichste Debüt einer britischen Band. Heute taucht das Album nicht zu Unrecht in jeder Liste der wichtigsten Alben aller Zeiten auf. „Down To The Waterline“,“Sultans Of Swing“ und „In The Gallery“ gehören zum Besten, was Knopfler geschrieben hat. Sein von Dylan nachgeahmter, auf Storytelling ausgerichteter Gesang und sein phänomenal entspannt-zappeliges Gitarren-Picking vermeiden das allzu Virtuose und heben die Platte über das Niveau selbstverliebten Dampfwalzengegniedels à la Stevie Ray Vaughan. „Setting Me Up“ hat die federnde Blues-Verve, die Eric Clapton immer angestrebt, aber nie erreicht hat, weil er immer schon viel zu müde und melancholisch war. „Wild West End“ zeigt Knopfler als romantischen Schwärmer.
„Communiqué“ (***) ändert den Kurs ein Jahr später nur marginal, enthält aber die schwächeren Stücke, die mitunter so klingen, als hätte man sich aus plattenfirmenstrategischen Gründen dazu entschlossen, schnell noch die Studio-Überbleibsel vom erfolgreichen Erstlingswerk zu veröffentlichen. Die Sergio-Leone-Hommage „Once Upon A Time In The West“ addiert den Dire-Straits-Sound immerhin um ein paar Reggae-Einflüsse. Für „Making Movies“ (****) ließ sich Knopfler mehr Zeit, schrieb lange, elegische Songs wie „Tunnel Of Love“ oder die akustische Shakespeare-Serenade „Romeo And Juliet“ und kompensierte den Fortgang von Bruder David mit der Verpflichtung von Springsteen-Pianist Roy Bittan, der die Band mit seinem hymnischen Spiel für melodisch opulentere Dimensionen öffnete und damit wiederum die Voraussetzung für die auslappenden Songs und pathetisch-apokalyptischen Effekte auf „Love Over Gold“ (***) schuf.
„Brothers In Arms“ (***1/2) zementiert 1985 mit dem Blechdosen-Riff von „Money For Nothing“, dem Leierkastengeorgel von „Walk Of Life“ und dem Soft-Porno-Saxofon von „Your Latest Trick“ den kommerziellen Höhepunkt der Dire Straits. Knopfler versuchte sich als spöttischer Chronist und bewies mit seiner Produktion, die so quecksilbrig wirkt wie die Gitarre auf dem Cover, dass er auch auf diesem Gebiet auf der Höhe der Zeit war. „On Every Street“ (**) ist ein lauer Nachklapp, der das letzte Dire-Straits-Kapitel 1991 mit uninspiriertem Rockabilly („Calling Elvis“) und läppischen Roots-Rock-Fingerübungen („When It Comes To You“) beschließt. Knopfler schien sich bereits aufs kreative Altenteil verlegt zu haben. (Universal)