Erstmals seit 26 Jahren arbeiten die Toten Hosen ohne ihren Produzenten Jon Caffery, das ist durchaus bedeutend. Dahinter steckt offenbar eine gewisse Unzufriedenheit mit dem letzten Album, „Zurück zum Glück“. Die Band sah sich auf einer kreativen Einbahnstraße. Der Produzent war nicht schuld, aber zumindest eine veränderbare Größe. Und so wurde an seiner statt Vincent Sorg verpflichtet, der bislang zum Beispiel In Extremo und die Donuts zu deren Brachial-Sounds verholfen hat.

Allzu viel Hörbares hat er nicht getan, doch klingen die Hosen jetzt ein bisschen straffer, in der Offensive besser organisiert. Tatsächlich wirkt „In aller Stille“ durchgängiger und konsistenter als die vorigen Werke. (Fast) nichts ist gänzlich neu, doch finden sich in dem neuen Repertoire keine Ausfälle oder größeren Qualitätsschwankungen. Vielmehr hat man den Eindruck, dass diese Lieder nicht routiniert hergestellt, sondern errungen wurden.

Mehr kann man nicht verlangen! Die Hosen beackern ihr Feld, vertonen Campinos Reflexionen über Vergänglichkeit und Ewigkeit. Schön bizarr ist ein Lied namens „Disco“, in dem Dekadenz und hohle Birnen an den Pranger müssen, gut so. Richtiggehend ein Novum ist „Auflösen“, ein modernes Liebeslied, das Campino im Duett mit Birgit Minichmayr singt. Die Österreicherin war Teil der „Dreigroschenoper“-Besetzung, der auch Campino angehörte, sie singt sehr schön.

Was sonst noch? Viele Riffs, viel Blut und Schweiß, ein bisschen Selbstversicherung und jede Menge ernsthafte Gedanken über das Leben, diese seltsame Vorstellung. Was es damit auf sich hat, darüber diskutiert Campino in Klassenzimmern, auf Theaterbühnen, vor Filmkameras. Und eben auch auf den Platten der Toten Hosen, die diesmal der Inhaltsschwere wegen kein Witzlied aufgenommen haben. Ich habe es nicht vermisst.