Die Sterne
„Wichtig + Fickt das System“
Tapete (VÖ: 3.3.)
Das fabelhafte Debüt und die erste EP, neu aufgelegt
Natürlich lehnten die Sterne das Label „Hamburger Schule“ zunächst ab. Die Bands und Musiker sprachen zwar miteinander, sie alle hatten die Hansestadt als Fluchtort vor der Engstirnigkeit der Provinz gewählt. Aber warum sollten allein die intellektuell versierte Nutzung der deutschen Sprache fernab von ironieverstrahlter Fun-Punk-Lyrik und der Verzicht auf New-Wave-Düsternis schon ein verbindendes Element sein?
Dass all das schiefe Texte und schief klingende Gitarren hervorgebracht habe, ist ein verbreiteter Irrtum
Frank Spilker und seine Mitstreiter hatten mehr Groove als die Konkurrenz. Man kann auch sagen, mehr Witz. Sie wollten nicht anstrengend sein – und der Titel ihres Debüts ist schon deshalb eine Finte, weil es hier gerade darum geht, vermeintlich Unwichtiges zu streifen. Die Erwartung beschränkte sich darauf, sich schon mit der ersten Single, „Fickt das System“, auf die Krümel zu werfen, die Ton Steine Scherben liegen gelassen hatten, und sich an die Ströme der britischen Popmusik zu koppeln, also deren Gedankenverlorenheit und verspielte Ernsthaftigkeit zu kopieren.
Dass Spilker Gefallen an einer zitiersicheren Funkiness hatte, zugleich aber seine Punk-Ursprünge kaum hinter sich lassen konnte oder wollte, ist in Songs wie „Anfang verpasst“ und dem prägnant-verworrenen „Mach die Tür zu, es zieht“ jederzeit hörbar. Während die erste Hälfte lässig ein paar Denkmäler zersägt und parolenlose Statements abwirft, setzen die letzten Minuten auf unerschrockene Experimentierwut ohne Worte („Meine Oma“) und ohne Ziel („Idiotensport“). „Unter Geiern“ umgarnt gar Hippies und Krautrock.
Dass all das schiefe Texte und schief klingende Gitarren hervorgebracht habe, ist ein verbreiteter Irrtum. Schon „Unkonzentriert“ und „Alles wird teurer“ auf der EP „Fickt das System“, hier als notwendiger Begleiter beigefügt, zeigen, wie tüchtig und voller Spiellust sich die Sterne auch an Rockschweiß labten. Fundstücke aus dem Archiv gibt es für diese Jubiläumsedition keine. Immerhin macht sich ein auf 150 Stück limitiertes blaues Vinyl gut im Plattenschrank.