Die Heiterkeit

„Schwarze Magie“ – Dunkle Schönheit

Buback (VÖ: 21.3.)

Stella Sommer verweigert sich dem Pop und setzt auf samtene Melancholie.

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Der Körper verschluckt von der Dunkelheit, zu sehen sind allein das bleiche Gesicht und die schmalen Hände von Stella Sommer. Keinerlei Schrift stört die strenge Inszenierung. „Schwarze Magie“, das zeigt bereits das Cover, verweigert sich dem schnellen Ex und Pop. Stattdessen serviert das Album eine so kunstvolle wie künstliche Inszenierung von „Folk“. Fast sind es Gespenstergeschichten, die hier als Beziehungsdramen erzählt werden – schwarze Romantik ist es allemal. „Wenn etwas Schönes stirbt, dann macht es kein Geräusch/ Wenn etwas Schönes geht, dann merkt man es sogleich“, raunt die Songwriterin, die als Stella Sommer nur englisch singt und als Die Heiterkeit nur auf Deutsch. Als wäre sie immer noch der Kopf einer Band mit wechselnden Musiker:innen, so wie am Anfang.

Dunkle Romantik ist hier keine Fluchtburg, sondern eher eine Art musikalisches Cosplay mit charmanter Selbstironie

Heute ist Produzent Moses Schneider der einzige beständige Begleiter, und auch diesmal hat er alles richtig gemacht. Sommers tiefe, immer ein wenig abgeklärt klingende Stimme passt perfekt zur samtenen Melancholie der neuen Lieder. Man denkt an Beth Gibbons oder an eine weibliche Version von Leonard Cohen. Etwa wenn in „Dunkle Gewitter“ der Gesang so beherzt rollt wie Nordseewellen an einem stürmischen Tag. Streicher setzen Akzente, zwischen den Wolken summt ein Chor. „Als dunkles Gewitter schieß ich übers Ziel/ Als dunkles Gewitter will ich viel zu viel“, singt Sommer und lockt einen dann übergangslos in „Teufelsberg“. Auch der entfaltet sich mit diabolischer Kraft: „Über den Dächern, unten im Keller/ Nah bei der letzten Strophe werd ich mich zeigen/ Es ging erst langsam und wurde dann schneller/ Was dich zerschlägt, das muss sich nicht reimen.“

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Dunkle Romantik ist hier keine Fluchtburg – wie in der Gothic-Community –, sondern eher eine Art musikalisches Cosplay mit charmanter Selbstironie. Der Titelsong, ein rustikaler Folksong wie aus dem Greenwich Village der frühen Sechziger, macht sich sogar lustig über den Hang zum Aberglauben. Erst „Santa Ana“ holt uns zurück aus einer köstlichen Zeitvergessenheit: „Es läuft anders, wie du merkst, bei Nacht und auch bei Tage, Santa Ana ist in mir“, heißt es in dem lange vor der kalifornischen Katastrophe aufgenommenen Song. Hat Stella Sommer womöglich doch das Zweite Gesicht? Egal, tolles Album.

Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 3/25.