Dexys
„The Feminine Divine“
100% (VÖ: 28.7.)
Kevin Rowland unterwirft sich der Weiblichkeit.
Der Opener des Albums führt auf die falsche Fährte und ist doch auch dessen Essenz. Heiter, beschwingt und vradiotauglich wie kaum ein Stück seit „Come On Eileen“. Jedoch sind die tausendfach in der Popmusik verwendeten Refrainzeilen „Baby, don’t you know that I’m the one who loves you?“ und „I would do anything for you“ mehr als Stanzen, sie leiten Kevin Rowlands albumlanges Bekenntnis zu seinem neuen Selbst ein.
Kevin Rowlands albumlanges Bekenntnis zu seinem neuen Selbst
In neun Songs erzählt Rowland, wie sich sein Verständnis von Männlichkeit und sein Frauenbild über die Jahre verändert haben. „I tried so hard to be a man/ Now I don’t care if I can“, singt er zur fingerschnippenden, jubilierenden Bandbegleitung, und ein Frauenchor beruhigt ihn: „It’s alright, Kevin, you’re okay.“ Ob „I’m Going To Get Free“, der am deutlichsten an die frühen Dexys Midnight Runners erinnert, oder „Coming Home“: Zu freundlich beschwingten Melodien führt uns der Sänger durch seinen Erkenntnisprozess, der schließlich in eine kleine Geschichte des Frauenbildes im Wandel der Zeiten mündet: „I was blind but now I see/ Women were put down for too long.“ Eine Frauenstimme fasst zusammen: „So now you know.“
Das eben zitierte Titelstück beschließt einen musikalischen Reigen, Celtic Soul in seiner Music-Hall-Inkarnation, überschäumend, aber auch eingehegt. Die folgenden Stücke zeigen Dexys als eigenwillig groovende Engtanz-Truppe. Und Kevin Rowland als Diener seiner „Goddess“, einer „independent woman of today“, der er bedingungslos dienen will. Und sie erklärt ihm zu schleppendem Funk-Bass die Regeln einer guten Beziehung: „You serve and I rule.“ In „My Submission“ führt Rowland zu Klavierbegleitung aus, was das bedeutet: „I will worship and adore in every way/ And I will do as you will.“ Unterwürfigkeit als Weg aus dem Patriarchat, als schönste Form der Liebe. So schonungslos, konsequent und ergreifend hat noch kein Songwriter mit seiner Männlichkeit abgerechnet. Auf den Fotos zum neuen Album trägt Kevin Rowland einen langen Rock.