Dexys
Let The Record Show: Dexys Do Irish And Country Soul
Gemischte Gefühle: Die beste keltische Soulband der Welt hat ein pralles Album mit Coverversionen aufgenommen
Uiii, geht das heimelig los! Mit Fiddle, Mundharmonika und Gesumme. Dann stimmt Kevin Rowland „To Love Somebody“ an. Dann kracht das Schlagzeug rein. Und man fragt sich, auf welchem Dorffest man gelandet ist.
Vor 17 Jahren hat Kevin Rowland schon einmal eine Platte mit Coverversionen aufgenommen. Sie hieß „My Beauty“, er trug Strapse, war ein exzentrisches Drogenwrack und sang Stücke wie „Daydream Believer“ und „The Long And Winding Road“, manches scheußlich, manches toll, Springsteen verbot ihm, „Thunder Road“ zu veröffentlichen. Aber „The Greatest Love Of All“ klang nie ergreifender – die prächtigste Version, die je ein Mensch gesungen hat. Und jetzt: „Smoke Gets In Your Eyes“ mit theatralischem Timbre und Tschingderassabum? Anstrengend. Und „Curragh Of Kildare“, dieses daherschunkelnde irische Traditional mit voluminös vibrierender Sangespartnerin? Erschütternd. Das munter rumsende „Both Sides Now“, bei dem sich Stakkatogeigen und Country-Licks unterhaken? Geht in Ordnung.
Es ist nicht alles medioker. Es ist ja auch nicht irgendeine Dorffestkapelle, es sind Dexys, die verdammt beste keltische Soulband der Welt. „40 Shades Of Green“ stampft fröhlich über die Wiese, „Grazing In The Grass“ swingt wie ein prächtiger Vergnügungsdampfer, und in „How Do I Live“ heben Geigen und Posaunen sehr schön ab, bellt Rowland schwermütige Zeilen und knurrt wie in besten Tagen.
Als Dexys 2012 völlig unerwartet zurückgekehrt waren und Rowland mit ihnen das fantastische Album „One Day I’m Going To Soar“ aufnahm, erlebte die neu zusammengetrommelte Truppe so was von einen zweiten Frühling, dass der die Kirschen monatelang blühen ließ, was die milde Enttäuschung über das seltsame, formal und klanglich homogene und zugleich enorm zwischen gelungen und missglückt schwankende Coveralbum erklärt. In der schönen siebenminütigen Abschiedsballade „Carrickfergus“ singt Rowland: „I’ll spend my days in endless roaming/ Soft is the grass, my bed is free/ But I am sick now, and my days are numbered/ Come, all you young men, and lay me down.“ Es sei ihm vergönnt. Man muss die Platte lieben. Trotz Tschingderassabum.