Destroyer
„Dan’s Boogie“
Merge/Cargo (VÖ: 28.3.)
Brillantes Breitwandkino vom Indie-Meister.

Der kanadische Indie-Beethoven Dan Bejar ist wieder da. Nachdem er mit seinem Bandprojekt Destroyer eine lange Nordamerika-Tournee im Vorprogramm von Father John Misty gespielt hat, setzt er zu einem weiteren Opus magnum an. Nach dem 2022er-Album „Labyrinthitis“ will Bejar eine persönliche Boogie-Revue. Mehr Pomp, mehr Glam. Eine Prise Bowie ist auch dabei. „The Same Thing As Nothing At All“ beginnt mit einem sinfonischen Aufschlag. Der Studiochef ist Zeremonienmeister, der mit Spoken-Word-artigem Gesang in andere Sphären vorstößt. „Sorry about your lips/ Sorry about your eyes“, heißt es zum Titelsong in schmalziger Retro-Hollywood-Geste. Liberace könnte die Showtreppe herabsteigen, so sprudelt es. Da hat jemand Spaß am opulenten Arrangement.
Der meist selbst singende Bejar hat alles im Griff
Dazu gibt es Instrumentalstrecken, Vaudeville-Passagen im Klavier-Track „I Materialize“, Synthiepop und Softrock, Bläser und Geplinker. Bei „Bologna“ gewinnt man den Eindruck, Bejar wollte sich für das nächste James-Bond-Titelthema bewerben. Statt „Diamonds are forever“ heißt es: „Night comes in on wings, wearing your rings.“ Den Duettgesang übernimmt souverän Simone Schmidt von der Band Fiver – wobei wir wieder tief in der Indie-Sphäre sind.
Das Erstaunliche an größenwahnsinnigen Acht-Minuten-Werken wie „Cataract Time“ ist die Souveränität, mit der hier musikalisches Großkino zelebriert wird. Und das jenseits der Mittel einer Produzentenarmee, die Adele und Co. beschäftigen. Der meist selbst singende Bejar hat alles im Griff. Letztlich dokumentiert auch das Kunstcover, dass wir uns weiterhin im Underground bewegen, der sehr schön funkeln kann, aber wohl nie Multimilliarden Streams generieren wird.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 4/25.