Cass McCombs
„Catacombs“
Achtung, der Löwentöter von „Dropping The Writ“ (2007) ist zurück. Aber er hat geheiratet. Vermutlich dieses „Dreams Come True Girl“, dem Cass McCombs da gleich zum Auftakt seines vierten Albums huldigt, als wolle er doch noch dem überlieferten Pop-Ideal seines Geburtsstaates Kalifornien erliegen. Doch wie singt er dann später? „I wonder how anyone in their right mind would get married nowadays…“
Er will ein Rätsel bleiben, dieser vagabundierende Solitär, der Perspektive über Standpunkt setzt und dabei gern mal auf falsche Fährten lockt, weil er sagt: „Ich möchte mich mit meinen Songs verschleiern, auslöschen, anstatt mich in Bronze zu gießen.“ Was dann zuweilen klingt wie ein New-Wave-Songwriter, den sie eingefroren, aufgetaut und mit dem Fallschirm über Kansas oder Tennessee abgeworfen haben. Dort lässt sich Cass McCombs auch schon mal von einer frei fliegenden Pedal-Steel davontragen, bis ihm in „Harmonia“ doch tatsächlich sogar ein lustiges „aaah“ entwischt, als wolle er demnächst in einer Western Swing-Band anheuern.
McCombs weiß, wie man Spannung und Atmosphäre aufbaut. Er setzt dabei auf die alte, in „weiße“ Musik übersetzte Prince-Maxime von joy in repetition und gern auch mal auf leidlich verschachtelte Rhythmen („Prima Donna“). Und gerade wenn man denkt, jetzt wird’s aber doch langsam dröge, kriegt er noch mal die Kurve mit dem trottenden Stakkatto von „Lionkiller Got Married“.
Ins Themen-Repertoire passt das politische Gleichnis („Don’t Vote“) ebenso wie das kleine Glück des kompetenten Facharbeiters, der sich für einen „pretty lucky guy2 hält. „Some people just work to pay the bills and put bread on the table, I couldn’t do that, I need feeling…“, singt Cass McCombs da zart schwelgend. Von einem Scharfrichter („The Executioner’s Song“). Ein Komiker? Oder ein komischer Kauz?
Zuguterletzt jedenfalls lässt sich Cass McCombs noch mal ein bisschen Prärie-Aroma um die Nase wehen. Und singt: „Bridging the gap, wipe New York off the map, where will we go?“ Ja, das weiß nicht mal ein Löwentöter. (Domino/Indigo)
Jörg Feyer