Nach dem geglückten Abschied von Mentor Chip Taylor mit ihrem Solodebüt „Seven Angels On A Bicycle“ ist die schöne Texanerin längst für verwegen-verzweifelte Vergleiche gut, wovon „imagine a Courtney Love fronted-Uncle Tupelo, minus the heroin“ („Groove“) zweifelsfrei mein Favorit ist. Ohne Stoff ist Carrie Rodriguez wohl auch durch die Produktion ihres zweiten Albums gekommen, nicht aber ohne Produzent Malcolm Burn (Emmylou Harris, Neville Brothers), der ihr in „Infinite Night“ gleich mal mit härter geschwungenen Gitarren zu Leibe rückt, ohne sie dann mit einem alles dominierenden Sound an die Wand zu drücken oder unter esoterischem Mulch zu begraben.

Ohne eine Riege kompetenter Co-Autoren, die Rodriguez‘ handfeste Betrachtungen über die große Liebe, die große Leere und das große Ganze auf die Beine halfen, ging’s freilich auch nicht. Dabei zielt sie mit Dan Wilson (Semisonic) und dem traurig-trotzigen „She Ain’t Me“ unverhohlen auf ein kurzes Leben als besseres Airplay-Futter, während Gary Louris (schön: „Can’t Cry Enough“) und Son Volts Jim Boquist („Grace“) die hoffentlich noch treue Americana-Gemeinde füttern.

Denn ihre Fiddle, die sie einst via Lyle Lovett erst ins Spiel brachte, rückt Rodriguez heute nur noch selten so ins Zentrum des Geschehens wie in „Absence“, das sie mit Mary Gauthier schrieb. Lucinda Williams mag sie auch schon! Nahm sie mit auf Tour und singt jetzt Backings in „Mask Of Moses“, die Rodriguez den ewig Bigotten natürlich zu gern vom Gesicht reißen möchte.

Wenn’s sein muss, auch mit ein bisschen mehr nackter Haut und in einem Paar Netzstrümpfen neben der Mando-Firebird. Von einer Courtney Love ist Carrie Rodriguez aber nach wie vor ähnlich weit entfernt wie Austin von Hollywood. Mindestens. (CRS/In-Akustik)