Buddy & Julie Miller
Schlicht wie ein Debüt ist dieses Album betitelt. Und formal ist es das ja auch, das erste offiziell so firmierende Duo-Werk des kreativsten Paares, das Nashville in der letzten Dekade zu bieten hatte. Doch ein Blick zurück und in die Detail-Kiste straft die Form Lügen. Da kommt schnell zutage, dass die beiden auf jedem der drei Solo-Alben von Buddy weitaus mehr gemeinsame Songs hatten als den einen hier, „Dirty Water“, einen verschlepptsumpfenden R&B-Groover. Ferner fällt auf, dass die Cover-Quote mit drei von elf exakt auf der Höhe jedes dieser Buddy-Alben liegt, den Rest schrieb Julie wie für ihre beiden Alben solo. Zudem lagen zumindest zwei dieser Tracks wohl schon etwas länger herum, verzeichnen sie doch als Drummer den längst von uns gegangenen Donald Lindley, dem schon 1999 Julies „Broken Things“gewidmet war.
Warum ich mich hier in Formalismen flüchte? Vermutlich, weil ich verzweifelt auf der Suche nach einer Erklärung bin, warum Julie und Buddy gemeinsam (aber einsam?) nicht ganz so formidabel zünden wollen wie solo (aber nicht allein). Gewiss, es gibt feiste Stones-Riffs („bu Make My Heart Beat Too Fast“) und ausgelassenes High’n’Lonesome-Flair („Little Darlin'“), zu Herzen gehendes Front-Porch-Feeling („Forever Has Come To An End“, „That’sjust How She Cries“) und emphatischen Pop („Rachel“) und schönste Harmonies ohne Ende. Dylans „Wallflower“ in irische Rosen zu betten, ist nicht die schlechteste Idee. Und wenn Buddy zu „Rock Salt And Nails“ anhebt, wissen wir wieder, wie eine weiße Soul-Stimme zu klingen hat. Doch Richard Thompsons „Keep Your Distance“ klingt im Duett eben eine Spur zu versöhnlich, und vielleicht hat Julie manche Metapher doch schon überreizt. „The River’s Gonna Run“ hätte sie sich nach ,J Know Why The River Runs“ (auf „Broken Things“) eher sparen können.
Was ich sagen will, ist dies: „Buddy & Julie Miller“ ist die gewohnt gute Platte, die man von diesem Paar erwarten durfte. Aber im Entscheidungsfall würde ich jederzeit „Your Love And Other Lies“, Buddys Solo-Debüt von 1995, als das stärkere, stimmigere Song-Album vorziehen. Und „Broken Things“ wohl auch, wenn mir eher der Sinn nach Extravaganzen wie „Strange Lover“ steht.