Bruce Springsteen

„Only The Strong Survive“ – Goldene Songs

Springsteen holt apokryphe Lieder der Sechziger ans Licht.

Dies ist kein Album mit Coverversionen von Soul-Songs. Aber es ist auch ein Album mit Coverversionen von Soul-Songs. Bruce Springsteen ist ein Historiker des amerikanischen Liedes, und vor allem hat er ein Elefantengedächtnis. Seine Absicht war es, „to do justice to the Great American Songbook of the 60’s and 70’s“. Dafür ging er zu Motown und Stax/Volt und suchte Songs aus, die zwar nicht obskur sind, aber mitunter wenig bekannt.

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Wenn man dieses Album hört, dann gerät man in Euphorie

Andererseits ist „The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore“ in der Version der Walker Brothers natürlich sehr berühmt – gewesen. Diese Art von Melodram, von Pathos und Bravado hört man heute nicht mehr im Radio. Bob Gaudio und Bob Crewe haben das Stück 1966 den Walker Brothers gegeben. Natürlich kann Springsteen nicht wie Scott Walker singen – deshalb ist seine Version umso grandioser.

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Jerry Butler, Kenny Gamble und Leon Huff sind mit zwei Songs vertreten: „Only The Strong Survive“ und dem noch besseren „Hey, Western Union Man“, 1968 eine Single von Jerry Butler (und ein moderater Hit). Das Songschreiber-Team Holland–Dozier–Holland kommt nur einmal vor: mit „7 Rooms Of Gloom“ von den Four Tops, 1967. „I Forgot To Be Your Lover“ von Booker T. Jones und „Soul Days“ singt Springsteen, ein Bewunderer des Duos Sam & Dave, mit Sam Moore. „Nightshift“, ein Song der Commodores (nach Lionel Richie) von 1985, fügt sich nicht in den von Springsteen vorgegebenen Rahmen.

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Aber was kümmern ihn Rahmen? Wenn man dieses Album hört, dann gerät man in Euphorie über so viele fantastische Songs, die man nie gehört hat. Von deren Autoren man nichts weiß, manchmal auch nichts von den Sängern. Springsteen weiß. Ron Aniello hat die Platte produziert und die meisten Instrumente gespielt, die E Street Horns haben exzellente Bläsersätze einstudiert, und Rob Mathes hat bei fast allen Songs die Streicher-Arrangements besorgt. Im Background-Chor singen Patti Scialfa und Soozie Tyrell. Es ist also auch eine Familienangelegenheit, wie so oft beim späten Springsteen – aber eine, bei der das Dach abhebt.