BoDeans
„Love & Hope & Sex & Dreams“
Am Ende seiner Liner Notes drückt sich Dave Marsh nicht um die ganz große Frage, die sich bei den BoDeans immer stellte, nämlich: Haben sie jemals eine bessere Platte gemacht? Er ist überzeugt: Sie mussten es gar nicht. Da kann man auch ganz anderer Meinung sein.
Auf dem Mitte der 80er Jahre sehr angesagten Slash-Label zu debütieren, bürgte für hohe Aufmerksamkeit seitens der Kritik. Bei einer Mini-LP von Los Lobos etwa kam damals größere Freude auf als bei vielen Langspielwerken prominenterer Bands. T Bone Burnett konnte man sich als noch nicht so hochdotierten Produzenten leisten. Das Erstlingswerk nach einer Zeile aus einem Stones-Song („Shattered“) zu betiteln, entsprang wohl eher frivoler Koketterie. Denn musikalisch hatte nichts auf „Love & Hope & Sex & Dreams“ etwas mit dem Liedgut auf „Some Girls“ gemeinsam.
Was sich Plattenfirma und potenzieller Produzent auf der Basis der eingeschickten Demos von dieser Band versprachen, ist rätselhaft. Zwei der vier jetzt erstmals als Zugaben hier veröffentlicht, nämlich „Small Town Ways“ (abgelauscht bei keinem anderen als Buddy Holly) und „Turn Your Radio On“ waren definitiv mehr Retro- denn Roots-Rock. Auch „Amen“ muss Burnett mehr an Marshall Crenshaw denn zeitgenössische Bands mit neuen eigenwilligen Klang-Vorstellungen erinnert haben. Dass Kurt Neumann und Sammy Llanas nach mehreren Jahren ihr Songschreiber-Handwerk dann durchaus beherrschten, demonstriert die Bonus-DVD dieser Edition mit einem Konzertmitschnitt vom Juli 1985. Aber für den nötigen Feinschliff musste erst Burnett sorgen, der ein paar seiner Spezl zu den Sessions mitbrachte.
Es war mit Sicherheit auch ein richtig cleveres Sequencing, das den Zuhörer auf Anhieb für die Band einnahm. Der Wiedererkennungswert der ersten beiden Songs – „She’s A Runaway“ erinnerte an besten Tom Petty & Heartbreakers, während „Fadeaway“ Qualitäten großer Police-Ohrwürmer hatte – war schon außerordentlich. Auch beim folgenden „Still The Night“ bürgte die kleine injizierte Dosis Reggae für das, was Llanas und Neumann als Ideal für ihre Songs sahen: Tanzbarkeit. Retroselig erinnerte dann das neue „Angels“ einmal mehr an Buddy Holly, und bei den anderen wie „The Strangest Kind“ befolgten sie ebenfalls dieselben Regeln von klassischem Songwriting wie Nick Lowe bei „I Knew The Bride“.
Am Ende war es womöglich tatsächlich die von Rockabilly inspirierten Songs wie „Ultimately Fine“, die diese ganz eigene Roots-Respektabilität der BoDeans definierten. Vielleicht hatte ja Burnett die Jungs davon überzeugt, dass sie die Platte mit einem waschechten Country-Song und viel torch and twang bei „Lookin‘ For Me Somewhere“ enden lassen sollten und nicht mit dem letzten ziemlich Springsteenesken Ohrwurm „That’s All“.
Franz Schöler