Bob Mould
„Life And Times“
Am Anfang standen Frust, Zorn und Angst. Und auch 30 Jahre nachdem sich Bob Mould erstmals für Hüsker Dü die Seele aus dem Leib schrie, scheint er immer noch (oder wieder) ein zorniger, frustrierter und ängstlicher Mann zu sein. Die Autobiografie „Life And Times“ ist eine ernüchternde Bestandaufnahme, eine verspätete Fortsetzung von Moulds jetzt auch schon 20 Jahre altem Solodebüt „Workbook“ – allerdings ungestümer und aufgeladen mit dem Postpunk von Hüsker Dü, dem Alternative Rock von Sugar.
Zwar klammert er sich im wuchtigen Titelsong „Life And Times“ der das Album eröffnet, noch verzweifelt an seine Träume. Wenn er am Ende aber im Schlaflied „Lifetime“ Bilanz zieht, sind keine Illusionen mehr übrig. Dazwischen gibt es jede Menge Platz für Bekenntnisse. „Goodbye to innocence/ Farewell to all your friends“, singt Mould in „MM 17“, das wie die meisten Songs auf „Life And Times“ von einer brachialen Innerlichkeit angetrieben wird.
Ein Schlüsselwerk dieser intimen musikalischen Nabelschau, die Mould in seinem Heimstudio in Washington, D.C. aufgenommen hat, könnte der Song „I’m Sorry, Baby, But You Can’t Stand In My Light Any More“ sein- eine trotzig-bittere Trennungsballade. Und Schwermut schlängelt sich durch alle Songs auf dem Album.
Mal sanft wie in der Nummer „The Breach“, in der Mould auf den einsamen Weg zurückblickt, der hinter ihm liegt, und schließlich sogar den Himmel um Rat fragt. Mal aufbrausend-explizit wie in der Postcore-Reminiszenz „Argos“. Mal still verzweifelnd wie in der düsteren Ballade „Bad Blood Better“, bei der er mit brüchiger Stimme vom schalen Nachgeschmack am Morgen danach berichtet, und davon, dass am Ende doch wieder nur Frust, Zorn und Angst auf einen warten. (Anti/SPV)
Gunther Reinhardt