Bob Marley
Exodus 40 – The Movement Continues
Ein Reggae-Meilenstein in überflüssigen Neuabmischungen
Bob Marley lutschte gerade an einer Grapefruit, als Unbekannte am Abend des 3. Dezember 1976 in sein Haus eindrangen und wild um sich schossen. Die Verletzungen an Brust und Arm ließen sich verschmerzen, der Schock saß jedoch tief. Nur drei Tage nach dem vermutlich politisch motivierten Attentat verließ der 32-Jährige seine Heimat Jamaika. Als Exil wählte er jedoch nicht das Rastafari-Mutterland Äthiopien, sondern das winterliche London, wo in den folgenden sechs Monaten sein legendäres Album entstand. In Protest- und Lovesongs austariert vereinte „Exodus“ Späthippies und Punks, Stadionrocker und Discotänzer.
Bacardipalmenromantik
Das 40-jährige „Exodus“-Jubiläum feiern Marleys geschäftstüchtige Erben nun mit Deluxe- und Super-Deluxe-Boxen. Auf allen enthalten ist neben dem Originalalbum und acht Aufnahmen aus dem Rainbow Theatre auch ein neu abgemischtes „Exodus“-Update von Marleys ältestem Sohn, Ziggy. Er wolle „das Meisterwerk klingen lassen, als wäre es heute produziert“, schreibt der 48-Jährige in den Linernotes. Statt wie Island-Records-Gründer Chris Blackwell den hypnotischen Rhythmus zu betonen, kühlt Ziggy die spirituelle Hitze des Originals auf wohltemperierte Radioqualität herunter. Besonders die Liebeslieder der zweiten Seite klingen bei ihm so luftig und glatt, dass sie auch während des 90-Jahre-Reggaepop-Revivals die Charts gestürmt hätten, allen voran das teilweise neu eingespielte „Turn Your Lights Down Low“, das hier Bacardipalmenromantik verströmen darf.
Die „Exodus“-Neuabmischung fügt, wie auch die unzähligen Bootlegs, Marleys Werk nichts wirklich Neues hinzu, unterstreicht aber einmal mehr, dass die Wailers eben nicht nur eine Reggaeband waren, sondern R&B, Rock und Pop gleichermaßen transzendierten. (Island/Universal)