Ob es nun, wie es Clinton Heylin in seiner Dylan-Biografie formuliert, ein Amalgam sämtlicher Stile der amerikanischen Popularmusik ist, „von Gypsy Davey bis zum „Phillysound“, sei einmal dahingestellt, fest steht: „„Highway 61 Revisited“ hat sich über die Jahre als ein ganz großes, wenn nicht das zentrale Werk im Dylan-Kanon herauskristallisiert. In seiner damals noch jungen Karriere jedenfalls stellte diese Platte einen Markstein von kaum zu überschätzender Bedeutung dar: Dylan häutete sich, ließ den rustikalen Folk-Troubadour hinter sich und verwandelte sich in einen skeptischen Pop-Hipster, arroganter als Lennon, zynischer als Jagger. Zudem schaffte er mit dem im Sommer 1965 in den New Yorker Columbia Studios eingespielten Album endgültig den Schritt vom akustischen Folk zur elektrischen Rockmusik, den er wenige Monate vorher bereits mit dem Vorgängeralbum „Bringing It All Back Home“ und danach mit seinem kontroversen Auftritt beim Newport Folk Festival Ende Juli eingeläutet hatte. Unter der Regie von Bob Johnston, der nach den Aufnahmesessions zum mit sechs Minuten Spielzeit ungewöhnlich langen Album-Opener „Like A Rolling Stone“ (hier zeichnete noch Tom Wilson verantwortlich) als Produzent hereingeholt wurde, spielten Dylan und seine exzellenten musikalischen Mitstreiter, allen voran Al Kooper (Orgel) und Mike Bloomfield (Gitarre), diese zehn Tracks mit traumwandlerischer Sicherheit ein. Songs wie „„Queen Jane Approximately“, „Just Like Tom Thumb’s Blues“, „„Ballad Of A Thin Man“ oder das epische, fast zwölfminütige „Desolation Row“ wurden zu einem musikalischen Vermächtnis, das, hätte Bob Dylan danach nie wieder eine einzige Note eingespielt, heute immer noch als so etwas wie die Blaupause der Rockmusik gelten würde. Selbst das Albumcover, ein Zufalls-Schnappschuss des Fotografen Daniel Kramer, ist purer Rock’n’Roll: So cool und direkt wie Dylan mit James-Dean-Pose schaute einen 1965 auf einem Albumcover KEINER an. Der große kommerzielle Erfolg des Albums und der vorab ausgekoppelten Hitsingle „Like A Rolling Stone“ brachten dem 24-jährigen Dylan den Durchbruch in den wichtigen Musikmärkten der Welt. Ein Jahr nach der Album-Veröffentlichung ging Dylan auf eine strapaziöse Welttournee, nach deren vorläufigem Abschluss im Mai der Motorradunfall in Woodstock und der Rückzug ins Privatleben und die Basement Tapes folgten. But that’s another story.