Björk :: Biophilia
Wollen wir spielen, forschen – oder doch einfach nur Musik auf uns wirken lassen? Der Weg, den Björk nunmehr beschreitet, ist zumindest sehr konsequent. Ihr siebtes Solowerk – eine Art Manifest zur Symbiose von Musik, Technologie und Natur als Vorstufe zu einem neuen Zeitalter – hat sie zu einem XXL-Multimedia-Paket geschnürt und als erstes App-Album der Musikgeschichte deklariert.
Die Apps verhalten sich dabei wie russische Schachtelpuppen, die ultimative Version von „Biophilia“ beinhaltet ein exklusives Stimmgabel-Set, auf 200 Stück limitiert. Dass die hier verwendeten Instrumente, u.a. wie Harfen klingende Pendel, speziell für dieses Projektentworfen wurden und auf der Bühne wie Kunstwerke von W. Heath Robinson wirken, macht das gepflegte Mainstream-Hören nicht einfacher. Ähnlich wie Radiohead löst die bekannteste Isländerin der Welt inzwischen gern herkömmliche Songstrukturen auf – sie geht dabei nur weniger vielschichtig vor. Setzt bei „Mutual Core“ und „Crystalline“ endlich das Drum’n’Bass-MG ein, kommt das einer Erlösung gleich. Vieles mutet wie die Begleitmusik zu einem Prozessionsmarsch oder Trauerzug an – und es ist nicht verwunderlich, dass Tante Guðmundsdóttirs Liebesgeschichten von Viren handeln, die sich in Zellen verlieben, was kein gutes Ende nimmt.
Dennoch: Dieses neue, sagen wir, Klangvergnügen nimmt einen auf eine Weise ein, dass man so lange mit ihm kämpft, bis die Arbeit in Amüsement umschlägt. „Biophilia“ will in der Tat erforscht werden. Und nicht auszudenken, wenn jeder Käufer nun seine eigene Version – was möglich wäre – ins Netz stellen würde.
Hoffentlich gibt es in der Kneipe nebenan noch lange Bier ohne Passwort und auf dem einzigen dem Autor bekannten Level.