Tom Petty & The Heartbreakers :: Hypnotic Eye
Gegen das Verhältnis eines Songwriters zu seiner Band ist die Ehe ein Wellnessurlaub. Tom Petty etwa machte seine besten Alben mit starken Produzenten, die die bockbeinigen, live unfassbar brillanten Heartbreakers zu bändigen wussten (Jimmy Iovine auf „Damn The Torpedoes“), vergraulten (Jeff Lynne auf „Full Moon Fever“) oder in medizinischen Dosen einsetzten (Rick Rubin auf „Wildflowers“).
Auf „Mojo“ durften sie 2010 mal wieder freilaufen – allerdings in den Grenzen des Blues. Die neue Lässigkeit, mit der sie dort spielten, schien jedoch bereits ein Versprechen auf ein großes, süffiges Heartbreakers-Album.
Die ersten Takte von „Hypnotic Eye“ sind noch beklemmend: ein dunkles Stop-and-Go-Blues-Riff und eine Stimme aus dem Vocoder, die von der Enge des Elternhauses berichtet, vom einschüchternden Amerikanischen Traum, den dunklen Machenschaften, die sich darum ranken, und dem netten Mädchen, das nachts das Licht ausmacht. Doch dann hebt Petty zum Refrain an: „I got a dream I’m gonna fight til I get it“, die Gitarren werden heller und der Rock’n’Roll bricht sich Bahn. „American Dream Plan B“ heißt diese wundervolle Eröffnung eines Albums, auf dem die Heartbreakers sich wie entfesselt durch die Musiken ihrer Heimat spielen, Mike Campbell die Gitarrensoli zaubert, bei denen jedem weißen Typen über 30 einer abgeht – so viel Spaß muss sein –, und Petty noch mal alle Topoi der großen amerikanischen Erzählung aufruft: das Leben als Ausbruchsfantasie, der Highway ins Paradies, der klare kalte Fluss, an dem sich die Liebenden treffen und die Geisterstadt, in der die Sünde wartet.
Er erzählt dabei aus der Perspektive des gereiften Mannes, der im Rückspiegel das verminte Land seiner Vergangenheit sieht. „I got a view of my own fault lines running under my life“, näselt er in „Faultlines“, das einen Bassgroove hat anstelle eines Mit- telstreifens, und im stampfenden psychedelischen Rock „All You Can Carry“ fordert er: „Take what you can and let the past behind – we gotta run“. Natürlich gibt es kein Entkommen, die Erinnerungen sind immer schon da, und die Zeit rennt davon. So bleibt nur die alles versöhnende Liebe: „Let me tell you the truth/ I love you more than the sins of my youth.“
Am Ende malt Petty ein Panorama der US-Gesellschaft, zeigt Liebe und Hass, den Künstler und den Waffennarren, den Gläubigen und den Soldaten – „shadow people in shadow land“. Auch über ihn senke sich ein Schatten, singt er, und dann – die Band hat den Song schon beendet – fügt er zur hinzu: „Waiting for the sun to be straight overhead/ Til we ain’t got no shadow at all.“ Petty bleibt ein Träumer, und die Heartbreakers sind die beste amerikanische Band.