Paul Weller
Saturn’s Pattern
Parlophone Label Group (Plg) (Warner)
Paul Weller will sich immer noch beweisen – und klingt plötzlich wieder so dringlich und groovy, als griffe er nach dem Himmel
Paul Weller müsste keine Platten mehr machen. Eine Handvoll seiner Songs reichen für die Ewigkeit. Er hat zwei große Bands gegründet und Kinder gezeugt, er hat geschmackvolle Klamotten und ein Haus in Andalusien.
Doch Paul Weller muss sich immer wieder beweisen. Und einen besseren Song als „Going My Way“ hat man seit Jahren nicht von ihm gehört. Ein fräsender, kraftstrotzender Refrain zu hämmerndem Klavier und die Forderung an die Liebe, nicht zu vergehen, auch wenn er seines Weges gehen muss. Hier ist der Mann, der „The Eton Rifles“ und „My Ever Changing Moods“ geschrieben hat.
Erstaunlich, denn wie der verrutschte Vorgänger, „Sonik Kicks“, wurde auch „Saturn’s Pattern“ von Jan Kybert produziert – nur weitaus überzeugender. Neben der Stammbesetzung um den Gitarristen Steve Cradock sind Josh McClorey von den Strypes und Steve Brookes aus der Ur-Besetzung von The Jam dabei. Sie schaffen überraschende Momente, und die sind es, die Wellers zwölftes Soloalbum prägen. Schunkelnde Pianos, perlende Percussions, altertümliche Elektroeffekte und die Rückkehr zu einer Grooviness, die sich aus der Liebe zu R&B speist.
Mitunter klingen Weller und Band funky wie etwas von Brian Auger, in das ein fieses Gitarrensolo reingrätscht, bevor sich wieder der psychedelische blue-eyed Soul breitmacht, auf den sich Weller so wunderbar versteht. Mitunter sind sie eine swingende, die Wonnen der Natur preisende Yachtrock-Band.
Mitunter bricht sich aber auch Wellers Krautrock-Affinität Bahn, gleich im rumpeligen Opener – sehr energetisch, sehr enervierend. Oder in dem wüst daherstampfenden „In The Car“, featuring Megafon, elektronische Fiepser, Bottleneck-Rutschen. Dazwischen klassische, an The Jam erinnernde Songs wie „I’m Where I Should Be“, wo seine Stimme erhaben über präzisen Harmonien schwebt: „reach for the sky“ – warum auch nicht? Gibt ja sonst keine Grenze.
Manchmal will er zu viel in einem einzigen Song, was oft schiefgeht, hier aber das Acht-Minuten-Wunder „These City
Streets“ gebiert. Schönste Soul-Harmonien, dann setzt eine Hammond ein, ein psychedelisches Flattern, ein elektronischer Effekt, eine Ode an die Stadt und an die Liebe, ein urbaner Trip, der sich immer wieder hübsch verdaddelt und einzig durch einen weichen Bass und Wellers burschikos-britische Stimme gehalten wird, die einen Flow erzeugt, wie man ihn sonst eher von Curtis-Mayfield-Platten kennt oder von Lonnie Liston Smith.
Am Ende ändert der Track noch einmal die Richtung, groovt sich neu ein, und Weller singt: „You still gotta way to go.“ Ja, bitte. Andalusien soll warten