Review: „Game Of Thrones“, Staffel 7, Folge 7: Männer mit und ohne Schwänze gegen Cersei
Der Versuch eines Waffenstillstands schlägt fehl – und ein Drache räumt auf der Mauer auf. Das Finale der vorletzten „Game Of Thrones“-Staffel.
Bittere Pointe: Es ist die Schuld Jons, und es ist ebenso die Schuld Daenerys’, dass die Weißen Wanderer in Westeros einmarschieren. Hätte Snow nicht die Idee gehabt ins Gebiet der Jenseits der Mauer aufzubrechen und einen Untoten zu entführen, und wäre das nicht fast fehlgeschlagen, und hätte Dany deshalb nicht auf ihrem Drachen herbeifliegen müssen, und wäre dann der Drache nicht von den Wanderern … hätte, hätte, Fahrradkette (oder wäre, wäre, Fahrradkette – Lothar Matthäus).
Dass es erst dem erbeuteten Zombie-Drachen gelingt, die als unbezwingbar geltende Mauer niederzubrennen, zeigt natürlich auch, wie machtlos die Weißen Wanderer auf sich allein gestellt wären. Sieben Staffeln lang eine überschätzte Gefahr. In einer immerhin schönen Szenen-Überleitung sehen wir zuvor, wie der erste Schneetropfen auf den Handschuh Jaime Lennisters fällt. Der befindet sich in King’s Landing zwar weit entfernt von der Mauer, wirkt aber auf einmal ganz nahe an der Nachtwache. Der Winter, das haben uns die Figuren eingebläut, ist längst hier.
Als Mann klar im Nachteil
Die siebte, finale Episode der siebten „Game Of Thrones“-Season, „Der Drache und der Wolf“, führt aber auch vor, wie „dumm“ (Cersei über Jaime) oder „trottelig“ (Jaime über Jon) die Männer sind, und wie überlegen endlich wieder die Frauen. Es ist eine Folge, in der die Männer impulsive Entscheidungen treffen und Fehler begehen. Und in der die Frauen nach Plan handeln.
„Männer ohne Schwänze“, wundert sich Ser Bronn, als er auf die Unbefleckten blickt, die sich vor der Burgmauer zum Gefecht gegen seine Truppen bereitmachen. „Wofür lohnt es sich da zu kämpfen?“
Die Männer mit Schwanz machen’s aber aber auch nicht besser. Lord Baelish, der seiner angebeteten Sansa Stark souffliert, auf dass sie Schwester Arya hinrichtet, hat den Bogen diesmal überspannt. Die Dialoge der siebten Staffel waren oft zum Augenrollen, und manche in dieser Folge sind es auch (Tyrion über Daenerys: „Ich hoffe, dass sie die Welt zu einem besseren Ort macht“), aber die billig gewordenen Einflüsterungen Kleinfingers werden diesmal nicht nur vom Zuschauer, sondern auch von den Figuren erkannt. Es war Baelishs letzter Streich. Bevor ihm die Kehle durchgeschnitten wird, erinnert Sansa noch einmal an sämtliche seiner Vergehen seit Staffel eins. War das viel. Als er am Ende um sein Leben bettelt, wüsste man nicht mehr, ob auch das ein Trick ist. Aber ja, er hatte Sansa wohl geliebt.
Der wahre Feind
Den „GoT“-Autoren gelingt es in dieser Folge, die schlichteren Sätze tatsächlich nur denjenigen Figuren in den Mund zu legen, die ihre Kontrahenten täuschen wollen. Euron Greufreud sagt über die Weißen Wanderer: „Ich bin um die ganze Welt gesegelt und das ist das Erste, was ich gesehen habe, das mir wirklich Angst macht!“ Klingt zu blöd um ernst gemeint zu sein (kleiner Logikfehler: Wie hätte der „erschrockene“ Euron planen können, öffentlich seine Dienste zu widerrufen, ohne zu wissen, was Jon und Co mit zum Treffen bringen?).
Oder Cersei: „Die Wanderer sind der wahre Feind!“ Und zur Thron-Konkurrentin Daenerys gewandt, die sich mit ihrem Drachen zum Gipfeltreffen verspätet hat: „Wir warten schon seit geraumer Zeit!“. Die Khaleesi: „Ich bitte um Verzeihung.“ Dialoge, die die Serie normalerweise wieder einmal unter Wert verkaufen würden, die im Rahmen der daraus gesponnenen Intrige Cerseis jedoch Sinn ergeben.
Die Zuschauer sehnten sich danach, dass möglichst viele Charaktere, Gegner wie Freunde, endlich gleichzeitig in einem Bild zu sehen sind. Die Macher haben dem Wunsch mit dieser Staffel nachgegeben. In King’s Landing kommt es zur Wiedervereinigung vieler Charaktere, die sich lange aus den Augen verloren hatten.
Da das eigentlich Wichtige im Vordergrund des Treffens stehen muss, die gemeinsame Allianz gegen die Weißen Wanderer, schwelgen die Helden in gemeinsamen Erinnerungen während eines Spaziergangs. Strategisch gesehen wäre die Anwesenheit von Köpfen wie Varys, Podrick, Theon oder Bronn nicht nötig gewesen, aber es gibt so viel aufzuwärmen: Brienne und der „Hund“ reden über ihr damaliges fast tödliches Aufeinandertreffen, und er erkundigt sich dabei nach Arya. Tyrion und Bronn erinnern an ihre geselligen Momente, als der Ser für das Leben des Zwergs kämpfte. Das Lustigste aber gibt der Hund von sich, als er einem interessierten Soldaten auf die Frage nach dem Inhalt der großen Kiste, die zum Treffen gebracht wird, antwortet: „Geh scheißen!“. Eine einfache Replik, aber seine Truppe hat eben auch viel geopfert, um den Weißen Wanderer darin gefangen zu nehmen.
Hör nicht auf Hexen
Tyrion kündigt seine Gebieterin, die Khaleesi, fast schon mit jenen biblischen Worten an, die Donald Trump für sein eigenes Militär verwendet, falls er die Geduld mit Nordkorea verliert: „Sie bringt Feuer und Blut!“ Aber auch Jon, eigentlich nicht als Flirt-Meister bekannt, hat seine Königin im Blick. Sie könne ja keine Kinder kriegen, sagt Daenerys im privaten Gespräch, die Hexe habe es ihr am Feuer prophezeit. Jon, pragmatisch: „Die Hexe ist keine zuverlässige Informationsquelle.“ Mal sehen, ob Jon seiner Königin immer noch dienen will, wenn er von seiner wahren Abstimmung erfährt, die Sam und Bran längst diskutieren.
Ein weiterer Höhepunkt der Konversation bietet eben dieses Wiedersehen zwischen Sam und Bran Stark alias Dreiäugiger Rabe. Fast noch auffälliger als die Besprechung von Jons Erblinie aber ist die Zusammenkunft der zwei an sich. Hier zeigen die „Game Of Thrones“-Autoren endlich mal Selbstironie und nehmen ein wenig Gewicht von ihren Schultern. Sam: „Ich wusste nicht, ob Du dich wieder an mich erinnerst.“. Bran: „Ich erinnere mich an alles. Ich wurde zum dreiäugigen Raben.“ – „Oh … ich weiß nicht, was das heißt.“
Wie schon so oft zuvor, ist es jedoch Lena Headey in der Rolle der Königin Cersei, die alle anderen übertrumpft. Zweimal steht sie vor der Wahl, ihre zwei Brüder hinrichten zu lassen. Sowohl Tyrion als auch Jaime droht der Tod durch das Schwert, jedesmal entscheidet sie sich in letzter Sekunde dagegen. Die Luft ist zum Schneiden, und während Tyrions Zeit sicher noch nicht reif war, hätte man sich bei Jaime nicht sicher sein können, ob er das Treffen mit ihr überlebt.
Dass jedoch auch Männer ohne Schwanz echte Männer sein können, stellt diesmal nicht etwa Varys unter Beweis, sondern Theon. Auch hier eine gelungene Pointe: Am Ende ist es doch die Tatsache, dass der Graufreud ohne Geschlechtsteil herumlaufen muss, die nicht nur ihm das Leben rettet, sondern vielleicht auch das seiner gefangenen Schwester Yara, die er befreien will. Es kommt zum Zweikampf mit seinem aufrührerischen Captain, der sich, in bester Zombie-Eskapismus-Manier (vor den Nichtschwimmer-Wanderern auf eine Insel retten, dort die Männer töten, mit deren Frauen eine neue Generation gründen) bereits eine Zukunft ohne Westeros-Allianzen ausmalt. Das kann Theon nicht zulassen. Und es stellt sich heraus, dass man einen Schwanzlosen eben nicht ins Eingemachte treten kann. Theon nutzt den Vorteil und gewinnt.
Damit ist den „Game Of Thrones“-Machern zumindest im Season-Finale ein Ende gelungen, in dem der Humor ebenso funktioniert wie die (Verbal-)Duelle. Der Kampf um den Thron bleibt offen. In der nächsten und letzten Staffel stehen Daenerys, Jon und Cersei wieder ganz auf Start.