Review: „Aliens“, „The Abyss“ und „True Lies“ auf 4k
Drei Frühwerke James Camerons, endlich restauriert
Der traumatisierende Vietnamkriegs-Film des Jahres 1986 war nicht Oliver Stones „Platoon“, sondern, im übertragenen Sinn, James Camerons Fortsetzung von Ridley Scotts Horrorklassiker „Alien“. Sie war entlarvender. Eine technisch höher entwickelte Militärmacht wird nach Eindringen in fremdes Terrain mit einem asymmetrisch verteilten, versteckten Feind konfrontiert, der seine Welt vollends kontrolliert. Am Ende geht es den Marines nicht mehr um Sieg, sondern ums Überleben der gesamten Einheit – bis zur Selbstevakuierung.
Bis es so weit kommt, bietet „Aliens“ eine bis heute beispiellose Erzählstruktur. Bei 154 Minuten Spieldauer vergeht bis zum Auftritt der Monster ein 80-minütiger Spannungsaufbau– eine riskante Dramaturgie, denn Physis und Verhalten der Kreaturen waren doch längst bekannt. Umso größer der Schockeffekt dieses Actioners, für den Cameron innerhalb einer Story das unwahrscheinliche Prinzip eines vierten Akts etablierte: Auf das voll befriedigende Finale Mutteralien versus Menschenmutter (Sigourney Weaver) folgt ein weiteres, das den voran gegangenen Showdown locker überbietet.
Der beste Xenomorphen-Film
Wie immens der Einfluss dieses besten Films der „Alien“-Reihe ist, demonstrierte allein die kollektive Schnappatmung Anfang dieses Jahres nach Bekanntwerden eines einzigen Elements, das es erstmals seit 1986 in einen neuen Teil der Reihe, „Romulus“, geschafft hat: Das „Pulse Rifle“ ist zurück. Wer in dem Film die Hauptrolle übernimmt? Egal. Ob das Maschinengewehr wirklich zum Einsatz kommt – nur das wollten alle wissen. Ein Gewehr, auf das sich jeder mehr freut als auf alles andere! Kein Wunder, dass „Alien“-Regisseur Ridley Scott unlängst zerknirscht behauptete, Camerons Fortsetzung sei nur „okay“.
Cameron selbst gewann mit „Aliens“ seinen ersten von vielen Studiokämpfen: Zu Drehbeginn lachte die britische Crew in den Pinewood Studios den 31-jährigen Ami mit der Truckermütze aus. Am Ende holte er sieben Oscarnominierungen.
Übungen für seine Großreise
Mit „Aliens“ und im Alter von 32 Jahren hatte James Cameron seinen künstlerischen Zenit erreicht. Aber er blieb ein Getriebener. Sein Traum war der Tauchgang zum Marianengraben, dies spiegelt auch seine Werkschau wider. Von seinen bis heute folgenden sechs Filmen würden drei im Wasser spielen. Sie waren Übungen für seine Großreise. Für Kinoarbeiten entwickelte Kameratechnik verfrachtete er sogleich in U-Boote. Seine erste cineastische Tauchübung war der auch Unterwasser gedrehte „The Abyss“ (1989), in dem Navy Seals und Meeresforscher um Bohrmeister Bud (Ed Harris) im Atlantik nach einem untergegangenen Atom-U-Boot suchen, stattdessen auf Außerirdische treffen.
Obwohl im letzten Jahr des Kalten Kriegs inszeniert, also mit Blick auf eine kommende friedlichere Epoche, verhalten sich die auf dem Meeresboden hausenden Besucher äußerst erratisch. Sie wollen Homo Sapiens, kaum dass der erste Kontakt gelungen ist, auslöschen – Ergebnis von 50 Jahren Bingewatching von Hitler-Videos in maritimer Einsamkeit. Auf einmal befinden sie, der Mensch habe nichts dazugelernt. Bohrmeister Bud redet auf sie ein.
Die computergenerierten, aus formbarer Flüssigkeit bestehenden Aliens sollten Cameron 1991 zum Erscheinungsbild eines neuen „Terminator“-Films inspirieren (der leider, im Gegensatz zur Veröffentlichungswelle mit „Aliens“, „The Abyss“ als auch der Schwarzenegger-Agentenkomödie „True Lies“ von 1994, kein neues 4K-Remaster erhalten hat). Seinen Marianengrabentraum würde Cameron 2012 erfüllen. Als einer von bislang nur sechs Menschen tauchte er zur tiefsten Stelle des Weltmeeres ab.
„The Abyss“ ist auch für eine filmhistorische Notiz gut: Schon nach Kinostart 1989 kündigte Cameron eine längere Schnittfassung an (171 statt 145 Minuten), die er, im Prä-DVD-Zeitalter, jener Bonuscontent-freien Ära, bereits 1992 als eigenständige Veröffentlichung auf VHS präsentierte (was er bei der Extended Version von „Aliens“ auch tat). Sie ist auch auf dieser Blu-ray enthalten.
Nicht Camerons wichtigster, aber unterhaltsamster Film
Fünf Jahre nach Ende des Mauerfalls, drei Jahre nach der Auflösung der Sowjetunion suchte Amerika nach neuen Gegnern. An die Stelle des Kalten Kriegers James Bond, der ab 1989 pausierte, so lange also wie noch nie, trat Harry Tasker. Die Actionkomödie „True Lies“ (4 Sterne) ist nicht Camerons wichtigster, aber unterhaltsamster Film, im Vergleich zu seinen futuristischen Weltuntergangsszenarien geradezu beschwingt.
Arnold Schwarzenegger entledigt sich seiner bleischweren Verantwortung als Terminator, in dem er einen Geheimagenten darstellt, der jeden Baddie ausschaltet, aber kein Mittel findet, um seine festgefahrene Ehre zu retten, auch, weil er seiner Helen (Jamie Lee Curtis) nicht verraten darf, dass er kein langweiliger Handelsvertreter ist, sondern heiß.
Sieben Jahre vor Nine Eleven können arabische Terroristen noch als Tölpel auftreten, die ihr Geschwafel per Video in die ganze Welt verbreiten wollen, deren Kameras aber nicht mal genug Saft für die Aufzeichnung ihrer apokalyptischen Reden haben. Die Atombombe erscheint in „True Lies“ selbst nach ihrer Zündung im Pazifik vor Los Angeles als ein lästiges Ding, dessen Explosionshelligkeit Schwarzenegger vor allem beim Küssen von Curtis stört. Er hält sich und ihr, als Meer und Himmel in orange-gelb erstrahlen, einfach die Hand vor Augen. Jetzt auch, wie „Aliens“ sowie „The Abyss“, in 4K. Bleibt die Frage, ob aus Harry Tasker auch eine James-Bond-Reihe hätte werden können. Doch weder Schwarzenegger noch Cameron wollten das. Cameron stürzte sich danach in ein Projekt über einen sinkenden Luxusdampfer.