Reporter und Poet
Seit 40 Jahren schreibt Bruce Cockburn über Krieg, Terror und die menschliche Natur – und ist des Reisens noch nicht müde.
Bruce Cockburn schreibt über Gott und die Gerechtigkeit: Wenn man es plakativ mag, kann man es so zusammenfassen. Gerade veröffentlicht der Kanadier sein 31. Album, es ist das erste seit sechs Jahren. „Small Source Of Comfort“ handelt von Spiritualität und dem Leben des fahrenden Musikers, lässt Richard Nixon auferstehen (als verarmte Hausfrau) und thematisiert in zwei Liedern den Krieg in Afghanistan. Doch „Small Source …“ stellt auch die ungebrochene Kraft Cockburns als Songschreiber und Gitarrist aus. Schwere erdfarbene Klänge verleihen dem akustischen Folk-Jazz-Blues Gravität, die Lieder sind mit viel harmonischem Verstand komponiert und werden versiert gespielt. Cockburn kommt aus einer anderen Zeit – diese Art der Open Tunings und Fingerspiele verweist auf eine Schule, die keine Schüler mehr hat, nur noch Lehrer.
Doch Cockburn hat für „Small Source Of Comfort“ jetzt relevante Musik aufgenommen, die den Verdacht der Gestrigkeit widerlegt. Beim Zuhören weiß man: Bruce Cockburn ist ein politischer Mensch. Seit er vor knapp 30 Jahren einen Raketenwerfer auf die Unterdrücker in Guatemala richten wollte, wird er regelmäßig eingeladen, in Südamerika, Afrika oder dem Mittleren Osten dieses oder jenes Unrecht zu bezeugen.
Herr Cockburn, sind Sie ein singender Kriegsberichterstatter?
Nein, das geht zu weit. Das Lied, mit dem ich am meisten assoziiert werde, „If I Had A Rocket Launcher“, entstand 1983 aus einem sehr persönlichen Kontakt zu Menschen, die Opfer der Unterdrückung in Guatemala waren. Schon vorher hatte ich mich mit der Situation der Indianer in den USA und in Kanada beschäftigt. Wenn die Welt erfährt, dass du interessiert bist, kannst du dich bald vor Reiseangeboten nicht retten.
Eine solche Reise spielt auf Ihrem neuen Album eine wichtige Rolle: Sie waren in Kandahar.
Auf Einladung des kanadischen Militärs. Ich bekam so die Möglichkeit, meinen Bruder zu sehen, der Arzt bei den kanadischen Truppen ist. Zum anderen war die Reise eine Möglichkeit, ein Kriegsgebiet aus der Perspektive des organisierten Militärs zu erleben.
Bekommt man Zweifel, ob es richtig ist, eine solche Einladung anzunehmen?
Ich habe nicht gezögert. Es nützt nichts, zu verallgemeinern, warum es einen Krieg gibt und auf welcher Seite man steht, wenn man unbedingt auf einer Seite stehen will. Wie auch immer man zu dem Krieg in Afghanistan steht – ich war dort inmitten der Soldaten, die das, was sie für richtig halten, so gut machen, wie es geht.
Erkennen Sie Gemeinsamkeiten in den Kriegsgebieten, die Sie besucht haben?
Man ist sich in einer solchen Situation der Zerbrechlichkeit des Lebens bewusst. Du spürst, dass dir die Menschen um dich herum jeden Moment genommen werden können. Diese Intensität der Beziehungen macht Kriegsgebiete so berauschend für Journalisten, glaube ich. Und natürlich ist der drohende Tod eine gemeinsame Erfahrung im Krieg. Ich habe einer Zeremonie beigewohnt, mit der zwei gefallene Soldaten geehrt wurden, deren Särge nach Kanada überführt wurden. Das war einer der bewegendsten und traurigsten Momente, die ich je erlebt habe. Und das Reisen bringt mir Freiheit, eine meditative Qualität.