Regen, Rammstein, Randale-Musik: Der turbulente Freitag beim Hurricane 2016
Der Freitag beim Hurricane startete turbulent, doch Auftritte wie die von Rammstein entschädigten für alle Unannehmlichkeiten.
„Wie seht ihr aus, ihr Wichser! Alle voller Schlamm, habt euch nicht mal schick gemacht, ihr Assis!“, tönt es bei Feine Sahne Fischfilet liebevoll von der Bühne – der Freitagabend hat den Festivalbesuchern des Hurricane aufgrund der schlechten Wetterbedingungen erneut einiges abverlangt. Wer schon am Donnerstag angereist war, hatte bereits eine schwere Unwetternacht hinter sich, war einmal durchgefroren, abgesoffen und einmal durch den Schlamm gezogen worden.
Tropische Zustände dann am Tag: Die Gummistiefel scheuern an den klebrigen Waden. Es dauert, bis das Gelände endlich überall soweit wieder in Schuss ist, dass der Spielbetrieb aufgenommen werden kann – ironischerweise müssen ausgerechnet Schmutzki aus dem Line-up gestrichen werden.
Wer sich gegen 18 Uhr dann gemächlich aufs Festivalgelände begibt, hat gleich nochmal Pech: Ein neues Unwetter zieht auf, die Veranstalter evakuieren vorsorglich das komplette Gelände – zurück zum Auto waten, raus aus den Zelten, Mitcamper ohne Wagen in die eigenen vier Blechwände einladen.
Gut zwei Stunden dauert die Unterbrechung, mehr als genug Zeit, um für die Besucher Schutz zu suchen. Dann kann es weitergehen: Mal abgesehen von Pelle Almqvists adretter Anthony-Kiedis-Gedächtnis-Matte und einer geplatzten Hosennaht am schwarz-weißen Anzug ist bei The Hives wohl nicht mehr mit Überraschungen zu rechnen. Auf der Blue Stage röhrt sich Henning May für AnnenMayKantereit Knötchen in die Stimmbänder – glänzende Möchtegern-Pocahontas-Augen schmachten ihm dabei entgegen. Auf der Red Stage auf der Anhöhe im Eck dagegen darf es dann wieder schmuddelig werden. Bevor „Feine Sahne“ die „AFD aufs Maul“-Fahne schwingen, dürfen auch Turbostaat noch ein paar Botschaften loswerden.
Inzwischen ist es kurz nach Mitternacht, das Abendprogramm hat sich durch die Unterbrechung um eine Stunde nach hinten verschoben und es fehlen nur noch die Headliner: Mit einem Countdown kündigen sich Rammstein an. Die harten Industrial-Bässe überwummern Lindemanns rollende Stimme; „Ich hab keine Lust“ ruft er den ersten Reihen mit missmutigem Blick entgegen, von Lustlosigkeit kann aber keine Rede sein. Nur wenn die Pyro-Effekte doch einmal zu gleißend sind, beispielsweise wenn er sich als Selbstmordattentäter provokant in die Luft sprengt, muss man widerwillig die Augen abwenden. Düstere Clownerie, der blutverschmierte Frontmann schlägt sich selbst mit dem Stehauf-Mikrofon, Keyboarder Flake wird von seinem sadistischen Kollegen aus dem Milchkännchen mit Feuer übergossen und entsteigt der Wanne als glitzerndes Funkelmariechen.
Zwischendurch wird kurz vom Programm abgewichen: Gitarrist Richard feiert seinen 49. Geburtstag, alle stürzen noch schnell ein Spießigkeitssektchen hinunter, bevor sie ihren Job, dazu gehört auch das rhythmische Erhitzen der Zuschauergesichter durch Flammenwerfer, wieder aufnehmen. Und ausgerechnet zum Zugabe-Song „Sonne“ setzt dann der Regen wieder ein. Macht nichts – die Fans sind jetzt für die Nacht gut durchgewärmt.