Raus aus Seattle
Statt Emo-Core oder Modernität offerieren Sunny Day Real Estate Liebe zum Detail - und zu U2
Sunny Day Real Estate sind schon immer die „etwas andere“ Band gewesen: Obwohl 1992 inmitten des Grunge-Hypes in Seatde gegründet und später von Sub Pop unter Vertrag genommen, hatten sie mit Pearl Jam oder Alice in Chains herzlich wenig zu tun. Zwar spielte Drummer William Goldsmith nach dem Split von Sunny Day Real Estate im Jahr 1995 zwischenzeitlich bei den Foo Fighters, wohin auch Gründungsmitglied Nate Mendel entschwand, doch als Trio sind Sänger und Bassist Jeremy Enigk, Gitarrist Dan Hoerner und eben Goldsmidi nun – acht Jahre später – ergreifender und innovativer als je zuvor.
Dan Hoerner, der sich vor fünf Jahren auf eine Farm im Staate Washington zurückzog, um ohne populäre kulturelle Einflüsse zu leben, weiß um die erstaunliche Größe des nunmehr vierten Studio-Albums „The Rising Tick“: „Ich bin vor allem mit den Texten zufrieden wie nie zuvor. Diesmal habe ich den größten Teil geschrieben, da Jeremy im Studio so viele Aufgaben übernehmen musste, dass er recht froh war, dass ich ihm das abgenommen habe.“
In der Tat wartet „The Rising Tide“ mit allerlei zusätzlichen Studiomusikern, üppigen Streichern und bis ins kleinste Detail ausgetüftelten Stücken auf, die auf eine Prog-Rock-Sozialisation schließen lassen. Hoerner verneint höflich: „Einer unserer größten Einflüsse ist immer U2 gewesen. Ich wollte immer spielen wie The Edge.“ Nach diesem Bekenntnis kann auch Hoerners Replik bezüglich jüngerer US-Bands wie Jimmy Eat World, Sense Field oder The Get Up Kids, die sich auf Sunny Day Real Estate berufen und unter der stupiden Bezeichnung Emo-Core subsumiert werden, kaum verwundern: „Ich kenne keine dieser Bands. Ich habe seit acht Jahren keine modernen Platte mehr gekauft. Aber wenn sie durch uns dazu gekommen sind, Musik zu machen und wir ihnen viel bedeuten, dann ist das für mich das größte Kompliment der Welt!“