Rare-Trax-DVD im Heft: „Select – Live At Montreux“

Claude Nobs hatte sie alle. Er hatte genug Charisma und auch das Geld, sie zu locken. Der im Januar dieses Jahres verstorbene Gründer und Chef des Jazzfestivals von Montreux gönnte sich seit Beginn 1967 fast die ganze Weite der populären Musik. So hörte sein stetig wachsendes Publikum nicht nur sämtliche Legenden des Jazz, sondern auch die Großen aus Rock, Pop und Soul. Wir haben uns ein paar der schönsten Momente ausgesucht

1. Van Morrison

„Moondance“

Einer der allerschönsten Titel Van Morrisons, in einer dynamischen, swingenden und zugleich konzentrierten Version von 1980, seinem zweiten Auftritt in Montreux. Mit dem Gitarristen John Platania und Keyboarder Jeff Labes hört man zwei Musiker der Originalsessions, in der prächtigen Bläsersection spielen Trompeter Mark Isham und James-Brown-Saxofonist Pee Wee Ellis.

2. James Brown

„Papa’s Got A Brand New Bag“

Von Browns Mühe, sich in der Disco-

Ära zu behaupten, ist bei diesem Auftritt von 1981 nichts zu ahnen. Die Performance seines ersten Top-Ten-Hits von 1965 zeigt den härtesten Arbeiter des Showbusiness in seiner ganzen Pracht, Potenz und Power.

3. Etta James

„I’d Rather Go Blind“

1988 hatte Etta James mit der Hilfe von Island-Chef Chris Blackwell ihre Karriere frisch in Schwung gebracht. Entsprechend soulgewichtig und präsent erlebt man sie in diesem Soulklassiker fünf Jahre später mit der jahrelang eingespiel­ten Roots Band, lässig mit dem Publikum flirtend.

4. Talk Talk

„Life’s What You Make It“

Eine wuchtig pumpende Version des wahrscheinlich größten Hits. Bandchef Mark Hollis’ schmerzhaft verbogene Performance von 1986 wirkt fast sinnbildlich für die lange verkannte Idee, leichten Synthiepop notwendig durch die Progbrille zu betrachten.

5. Miles Davis

„Jo-Jo“

Miles Davis war auf der Bühne von Montreux gleichsam zu Hause. „Jo-Jo“ stammt von seinem kurz vor dem Auftritt erschienenen Album „Amandla“ (1989), der letzten Arbeit mit Marcus Miller. Großartig die kargen Einwürfe seiner roten Trompete in den elektronischen Sound, super die extrascharfe Basskante in diesem schweren Go-go-Funk.

6. Stray Cats

„Stray Cat Strut“

Der jazzgetönte Rockabilly vom stolzierenden Streuner ist vielleicht der coolste Titel der Stray Cats. Ganz anders dieser knackige Auftritt

von 1981, bei dem Brian Setzers schweißheißes Gesicht sicher nicht allein vom Sommerabend herrührt.

7. Ella Fitzgerald

„Sunshine Of Your Love“

Creams Hardrock-Nummer ist natürlich eine etwas kuriose Wahl, selbst für eine gestandene Alleskönnerin wie Ella Fitzgerald. Im Gegensatz zu einigen anderen Popsongs, an denen sie sich zur Zeit dieses Auftritts versuchte, gelingt dieser hier von 1969 auf durchaus respektable Weise interessant.

8. Charles Mingus

„Free Cell Block F, Tis Nazi USA“

Den kämpferischen Titel dieser spä-ten Komposition, der sich auf Gefängniszustände in den Südstaaten bezieht, hat Mingus wohl erst nachträglich draufgepappt. Aber wie man auch in dieser Liveversion vier Jahre vor seinem Tod 1979 hört, kann dieser aggressive und zugleich elegante Groove natürlich Nazis ärgern.

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