Rapper Fler offenbart Vermögenssituation: Gangsta-Rap schützt nicht vor Armut
Der Berliner Rapper Fler veröffentlicht anstelle eines neuen Albums sein polizeiliches Führungszeugnis. Daraus wird auch seine Vermögenssituation ersichtlich – ein ganzer Berufsstand ruft um Hilfe. Ein Beitrag aus "Die Welt".
Aus „Welt Online“, 19. November 2014.
Süß sind die beiden Rapper Fler und Farid Bang ja schon. Fler, der etwas ältere Berliner hat stahlblaue Augen, ist dafür aber ein bisschen pummelig. Farid Bang, der Spanier, hat einen Traumoberkörper, dafür aber eine sehr platte Nase. Schwierig also, wer von beiden auf die Hofwoche mit darf. Aber darum geht es nicht.
Die beiden Rapper streiten sich schon längere Zeit über Facebook. Früher sprühte man noch „Farid, Du Blödmann“ an die Hauswand, das nannte man Graffiti, oder reimte Strophen wie „Er geht wie ein kleiner, süßer Bär/ Wisst ihr wer/ Es ist der doofe Fler“, das nannte man dann Disstrack. Ganz früher sogar schoss man noch aus fahrenden Autos aufeinander. Das war dann ein Drive-By-Shooting und quasi die Königsdisziplin der Auseinandersetzung.
Der deutsche Rap steckt in der Krise. Finanziell geht es bergab. Klar, dass also auch beim Beef gespart werden muss. Platten verkaufen nur noch Helene Fischer und Cro. Einige Rapper haben tatsächlich kaum mehr als 50 Cent am Tag zum Leben. Ähnlich wie auf Zeitungsredakteure kommen unsichere Zeiten auch auf die Rapper zu. Als schreibender Rapper hat man es in Zukunft nicht leicht. Der Druck ist groß.
Als freie, häufig scheinselbstständigen Rapper – Bushido zum Beispiel schreibt angeblich ausschließlich für die Großfamilie der Abou-Chakers, muss seine Sozialabgaben aber trotzdem selbst abführen, kriegt kein Weihnachts- und Urlaubsgeld – fristen die jungen, gut ausgebildeten Wortkünstler ein Leben in prekären Verhältnissen. Früher bezahlten die Plattenfirmen die teuren Autos, die Ketten, die Sneakers, das gestreckte Koks – das Arbeitsmaterial des Rappers eben. Heute mieten die Künstler ihre Ausrüstung selber.
Im Konflikt zwischen Fler und Farid Bang hat nun Fler mit einem Hilferuf auf die schlimmen Zustände im deutschen Hip-Hop aufmerksam gemacht. Er veröffentlichte tatsächlich sein polizeiliches Führungszeugnis, was in Rap-Kreisen so wichtig ist, wie ein gut geführtes Portfolio für Architekten.
Das Zeugnis umfasst drei Einträge: Körperverletzung, Beleidigung und uneidliche Falschaussage. Gutes Mittelmaß, aber auf dem heiß umkämpfen Arbeitsmarkt der Rap-Branche ist damit noch nicht mal ein Blumentopf zu gewinnen.
Tatsächlich wurde Fler zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. 120 Tage sind vier Monate. 4800 Euro. Das Gericht geht von einem Monatsgehalt von 1200 Euro aus. Armer Fler. Auch auf dem Führungszeugnis zu erkennen: die Anschrift des Rappers. Billy-Wilder-Promenade in Steglitz. Zonenrandgebiet, wie man sagt.
Bis Berlin-Mitte, dort, wo die Reichen und Schönen der Gesellschaft leben, wo im „Grill Royal“ die Steaks gegessen werden, und in der „Cordobar“ literweise Riesling fließt, bis dorthin sind es zwanzig Kilometer. An ein eigenes Auto ist mit 1200 Euro monatlich kaum zu denken. Gerüchten zufolge läuft Fler einmal im Monat die zwanzig Kilometer morgens hin und abends zurück, nur um sich tagsüber die Nase an den Scheiben der edlen Geschäfte plattzudrücken.
In seiner unmittelbaren Nachbarschaft sind nur die Segelgemeinschaft Zeuthen e.V. und ein Fitness-Studio des Billig-Anbieters McFit. Immerhin günstig einkaufen kann Fler. Ein Netto-Markt befindet sich gleich gegenüber. So kann er den harten Arbeitstag mit einer Dose der Hausmarke „Alki“ hinunterspülen.
Falls Sie Menschen wie Fler helfen wollen, spenden Sie bitte auf www.rapper-in-not.de.