Diese 50 Serienstars werden immer in unseren Herzen sein
ROLLING STONE hat gewählt: Dies sind die 50 größten Serienstars aller Zeiten.
10. Peter Dinklage
(Game Of Thrones)
Peter Dinklage stammt nicht aus den Sieben Königslanden, sondern aus New Jersey, und er studierte in London. Zwar spielte er schon 1995 in „Living In Oblivion“, aber es folgten nur eine Rolle in „Nip/Tuck“ (2006) und in „Die Chroniken von Narnia“ (2008). Mit der Rolle des kleinwüchsigen Philosophen, Strategen, Trunkenbolds und Hurenbocks Tyrion in „Game Of Thrones“ (2011) gewann Dinklage seine Anwartschaft auf Unsterblichkeit: Tyrion ist das geheime Zentrum der Serie, eine Shakespearesche Falstaff-Gestalt, opportunistisch und schurkisch, intelligent und sentimental. Daneben trat Dinklage in einer angemessen grotesken Nebenrolle in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ (2017) auf – eine Fingerübung bloß für den Riesen des Charakterspiels. AW
09. Jon Hamm
(Mad Men, Good Omens)
Viele Jahre spielte er winzige Rollen in Fernsehserien, im Kino hatte er seine erste Nebenrolle in Clint Eastwoods „Space Cowboys“ (2000). Jon Hamm war aus St. Louis nach Hollywood gekommen – und er sah nicht nur ein bisschen zu gut aus, sondern wie ein Schauspieler einer anderen Zeit, wie ein Matinee-Idol. Und deshalb bekam er 2007 die Rolle des Don Draper in „Mad Men“: ein charmanter, verkniffener Profi der Verstellung. Draper verbirgt Getriebenheit und Angst hinter Stoizismus, Eloquenz und manierierten Gesten. Man sieht Hamms Gesichtszügen die Anspannung an, die ihn seine Beherrschung kostet. Draper verfolgt ihn natürlich, aber Hamm ist auch in Ben Afflecks Film „The Town“ sehr gut und in „Good Omens“ und „Unbreakable Kimmy Schmidt“. AW
08. Gillian Anderson
(Akte X, The Fall)
Der Fluch, zeitlebens auf eine TV-Rolle reduziert zu werden, traf Gillian Anderson wie nur wenige. Neun Jahre lang spielte sie mit David Duchovny in „Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI“, jener besten Mystery-Serie, die so viele schlechte Nachahmer fand. In den 90er-Jahren war Anderson alias Agent Dana Scully aus keinem Wohnzimmer wegzudenken. Die Nullerjahre überwinterte sie in Nebenrollen. Erst mit „The Fall – Tod in Belfast“ wurde ihr wieder eine bedeutende Rolle zuteil. „The Fall“ ist eine Serienkiller-Serie, die an Ekelhaftigkeit kaum zu überbieten ist. Wie schon in „Akte X“ haucht Anderson durch ihre resolut-kühle Aura noch dem unwahrscheinlichsten Szenario einen Rest Anmut ein. Dahinter vibriert stets die Angst vor dem größeren Grauen. MG
07. Lena Dunham
(Girls, Camping)
Mit 24 Jahren schrieb Lena Dunham das Drehbuch für „Tiny Furniture“, einen Film, der für 25.000 Dollar gedreht wurde, Judd Apatow auf sie aufmerksam machte und ihr 2012 die Serie „Girls“ für HBO einbrachte. Dunham schrieb „Girls“ als Gegenentwurf zu „Sex And The City“: vier neurotische junge Frauen – und viele mindestens so neurotische junge Männer und Erwachsene. Die kurzen Episoden sind das Gescheiteste, Unverschämteste und Lustigste, was das Fernsehen der letzten Jahre hervorbrachte, und Dunham wurde so populär, dass sie 2014 das Buch „Not That Kind Of Girl“ schrieb und auf Lesereise ging. Ihre Serie „Camping“ ist im Vergleich mit „Girls“ beinahe eine kontemplative Arbeit: das retardierende Moment nach dem Furioso. AW
06. Bryan Cranston
(Breaking Bad)
Bryan Cranston hätte sich schon fast einen Preis als talentiertester Schauspieler verdient, der ausschließlich in Nebenrollen zu sehen war. Doch „Breaking Bad“ sollte diesen zweifelhaften Ruhm verhindern. Eindringlich verkörpert Cranston die diabolische Entwicklung des an Krebs erkrankten Chemielehrers Walter White zum genial-grimmigen Drogenbaron. Das machte ihn doch noch zu einem der bekanntesten Schauspieler seiner Generation. Freilich winkten danach wieder „nur“ markante Nebenrollen, so etwa als Ex-Cop in „Sneaky Pete“. Der Schlüssel seiner Darstellungskunst ist dennoch der Hang zu grotesker Komik, zu bestaunen in der Sitcom „Malcolm mittendrin“, in der er den rührendsten minderbemittelten Vater gab, der sich denken lässt. MV
05. Jim Parsons
(The Big Bang Theory, Young Sheldon)
Es liegt nicht an Jim Parsons allein, dass sein Sheldon Cooper zur größten Sitcom-Figur seit Charlie Sheens Charlie Harper („Two And A Half Men“) wurde: Beide Serien stammen von Chuck -Lorre, dessen Dialogrhythmus und Pointen-Präzision einmalig ist. Als Parsons 2007 für „The Big Bang Theory“ vorsprach, war er sofort begeistert: Er sah die Rolle als „Chance, durch die Wortwechsel zu tanzen“. Über zwölf Staffeln wurde er nicht nur zum bestbezahlten TV-Darsteller (geschätztes Jahresgehalt 2018: 26,5 Millionen Dollar), er schien auch immer mehr mit Sheldon zu verschmelzen. Jedenfalls war es lustig zu sehen, dass bei der großen „Big Bang“-Abschiedsfeier alle weinten – nur Parsons und Amy-Farrah-Fowler-Darstellerin Mayim Bialik nicht. Als hätten sie ihre leicht autistischen Rollen verinnerlicht. Wie Sheldon stammt Parsons aus Texas, sein Handwerk studierte er an der Universität von San Diego, aber seine Kunst ist eigentlich nicht erlernbar: Parsons liefert seine Zeilen auf den Punkt, und nicht nur seine Mimik passt perfekt, sein ganzer Körper drückt Sheldons Verdruckstheit bei gleichzeitiger Selbstüberschätzung und Soziophobie aus. Vorher hatte Parsons schon diverse erfolglose Serien-Castings hinter sich, momentan ist er nur im Off zu hören: als Sprecher beim Spin-off „Young Sheldon“. Aber 2020 wird er im Netflix-Film „The Boys In The Band“ neue Saiten aufziehen. BF
04. Kyle Maclachlan
(Twin Peaks, Desperate Housewives, Portlandia)
Kyle MacLachlan mit Special Agent Dale Cooper zu verwechseln ist leicht. Wie der FBI-Agent aus „Twin Peaks“ trinkt er seinen Kaffee am liebsten schwarz wie die Nacht, wie er bevorzugt Mac-Lachlan schwarze Anzüge, und wie er begegnet er jedem Fremden mit unfassbarer Offenheit. Doch tatsächlich ist Kyle MacLachlan viele. Wenn er in New York unterwegs ist, erkennen ihn Touristen in Manhattan als den Typen aus „Sex And The City“ und die Hipster in Williamsburg als den Bürgermeister aus „Portlandia“, für die einen ist er Brees Ehemann aus „Desperate Housewives“ oder der Admiral aus „How I Met Your Mother“, für die anderen Calvin Zabo aus „Marvel’s Agents Of S.H.I.E.L.D.“ oder eben der Star aus David Lynchs Serienmeisterwerk „Twin Peaks“, in dessen verspäteter dritter Staffel er 2017 abwechselnd den vom Kauz zum Monster mutierten Dale Cooper und den hilflos durch die Welt irrenden Versicherungsagenten Dougie Jones spielte. „Für wen mich die Leute halten, hängt letztlich immer davon ab, welche Serie gerade im Fernsehen ausgestrahlt oder wiederholt wird“, sagt der Mann, der 1959 in Yakima/Washington geboren wurde und eigentlich alles außer normal kann. Immer wieder spielt er sich als kurioser Exzentriker charmant in den Vordergrund – auch dann, wenn er eigentlich nur eine Nebenrolle hat. GR
03. Elisabeth Moss
(Mad Men, The Handmaid’s Tale)
Vor gut 20 Jahren wurde die Fernsehserie plötzlich zu einer respektablen Kunstform, und Elisabeth Moss begleitete und bewirkte die Aufwertung von Anfang an. Als Teenager spielte sie die Präsidententochter in Aaron Sorkins „The West Wing“, läutete damit quasi die Ära des offiziell „guten Fernsehens“ ein. Später spielte sie in „Mad Men“ die Werbetexterin Peggy Olson, die sich von der sexistischen Arbeitskultur nicht einschüchtern lässt. Ihren ersten Golden Globe bekam Moss 2014 für ihre Rolle in Jane Campions Mystery-Serie „Top Of The Lake“, den zweiten gab es vier Jahre später für „The Handmaid’s Tale“, die Serien-Adaption des dystopisch-feministischen Romans von Margaret Atwood. Das US-Magazin „Vulture“ hat Moss als „Queen des Qualitätsfernsehens“ bezeichnet. Dieser Titel ist dann aber doch irreführend, weil ihre Arbeit für das Kino ja auch ganz fantastisch und nicht weniger vielseitig ist. Sie dreht zum Beispiel regelmäßig mit dem Autorenfilmer-Querkopf Alex Ross Perry und gab dieses Jahr im Horrorfilm „Us“ grandios überzeichnet die grelle Bonzin. Erstaunlicherweise – bedenkt man, wie sehr sie offenkundig Stoffe interessieren, die widerständige Frauen in unterdrückerischen Strukturen zeigen – ist Moss seit Kindheit Scientologin. Ob ihre Darbietungen persönlichen Gefühlen entstammen, ist natürlich Spekulation. Überwältigend sind sie in jedem Fall. JJ
02. Ricky Gervais
(The Office, Extras, After Life)
Man möchte sich permanent die Hand vor die Augen halten, aber dann bliebe verborgen, wie Ricky Gervais aus dem Gefühl der Fremdscham ein Fest der Schadenfreude macht. Was hier passiert, ist viel zu lustig, um Mitleid zu haben. Mit dem Büroleiter David Brent („The Office“) und dem Kleindarsteller Andy Millman („Extras“) erschuf Gervais zwei Figuren, die, je nach Sichtweise, großes Pech oder großes Glück haben: weil sie ihren Status überschätzen, von ihren Mitmenschen verlacht werden – aber ihre Erbärmlichkeit nicht erahnen. Und doch haben beide ein großes Herz. Gervais, ehemals Radiomoderator und Manager der Britpop-Band Suede, ist nach der Jahrtausendwende dank dieser Rollen zu einem der mutigsten Fernsehkomiker und Stand-up-Comedians geworden. Legendär sind seine Golden-Globe-Moderationen, in denen er unter anderem Transsexuelle (Caitlyn Jenner), Alkoholiker (Mel Gibson) und Scientologen (Tom Cruise) obszön angreift. Auch deshalb bezeichnet der 58-Jährige seine aktuelle Serie „After Life“ als wichtigstes Werk: Darin wird Beleidigen zum Überlebensprinzip. Er spielt Tony, einen verwitweten Redakteur, der sich längst das Leben genommen hätte, müsste er sich nicht noch um den Hund kümmern. Tony beschließt, für den Rest seines Daseins den Leuten mit gnadenloser Ehrlichkeit zu begegnen – er ist also Gervais’ Alter Ego. SN
01. Damian Lewis
(Life, Homeland, Billions)
Es braucht schon einen ganz besonderen Schauspieler, damit die Zuschauer mit einem Terroristen mitfühlen und bereit sind, ihm fast alles zu verzeihen. Damian Lewis ist das gelungen: Er spielte in „Homeland“ Nicholas Brody, einen aus jahrelanger Al-Qaida-Gefangenschaft heimgekehrten Soldaten. Früh ahnt man, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Auch die CIA-Agentin Carrie Mathison (Claire Danes) ahnt es, und doch verliebt sie sich in ihn – und sogar das kann man verstehen. Sie will ihm glauben, vor allem aber spürt sie seinen Schmerz, seine Zweifel und seine Verzweiflung. Damian Lewis neigt nicht zu Overacting – im Gegenteil, er muss gar nicht viel tun, damit seine Figur einen in den Bann zieht. Das ist wohl die viel zitierte Präsenz, dank der es dann egal ist, wenn einer rote Haare hat und auch sonst nicht gerade den gängigen Hollywood-Standards entspricht. Damian Lewis musste ein Star werden, das war unvermeidlich. Sobald er eine Szene betritt, ist er so was von da, dass alle anderen sich mächtig anstrengen müssen. (Eine Gabe, die er mit seinem Landsmann Hugh „House“ Laurie gemein hat – dem anderen Briten, der in Los Angeles ein zweites Zuhause fand.)
Lewis’ Talent zeigte sich früh. 1971 in London geboren, beschloss er schon als Teenager, Schauspieler zu werden, studierte in Eton und heuerte bei der Royal Shakespeare Company an. Er spielte in diversen Filmen, der ITV-Serie „Die Forsyte Saga“ und verschiedensten TV-Formaten, bevor er 2001 als Major in der Miniserie „Band Of Brothers“ erstmals weltweit auffiel und sofort einen Emmy gewann. 2008 dann die erste eindeutige Hauptrolle in einer Serie: In „Life“ spielte Lewis 32 Folgen lang den Polizisten Charlie Crews, der zwölf Jahre unschuldig im Gefängnis saß und sich nun mühsam ins Leben zurückkämpft. Eine hohe Entschädigung erlaubt ihm ein luxuriöses Leben, doch Crews wird von schlimmen Erinnerungen und Rachegelüsten geplagt. Da helfen auch sein Zen-Buddhismus und das fast pathologische Faible für frisches Obst wenig – er findet keine Ruhe. Lewis spielt den zynischen Crews ohne Pathos, er heischt nie Sympathie.
Von da an lief es rund. 2015 gab er Heinrich VIII. in der Hilary-Mantel-Verfilmung „Wolf Hall“, aber natürlich überschattete „Homeland“ alles. Von 2011 bis 2013 war er Brody, sein Ende gehört zu den herzzerreißendsten Momenten der Seriengeschichte. „Homeland“ war danach weiterhin spannend, aber es fehlte das blutende Herz (und Rupert Friend bewies als Ersatz-Gegenpol für Carrie, dass man ohne die erwähnte Präsenz halt tatsächlich auf Dramatisierung und Übertreibung ausweichen muss).
Im Jahr 2016 wechselte Lewis noch einmal radikal die Rolle: Jetzt trat er in der HBO-Serie „Billions“ als Hedgefonds-Manager Bobby Axelrod auf. Die fünfte Staffel ist schon bestellt, der Erfolg kein Wunder, denn wer einmal eingetaucht ist in diesen Moloch aus Geldgier und Machthunger, Manipulation und Intrigen, der kann nicht mehr mit dem Gucken aufhören – und damit, Axelrod zu verachten und gleichzeitig zu bewundern und zu bemitleiden. Axe ist skrupellos, aber auf so eine unverschämt direkte Art, dass es fast charmant wirkt. Er hat den perfekten Gegenspieler zunächst im Staatsanwalt Chuck Rhoades (Paul Giamatti), dann in seiner ehemaligen Angestellten Taylor Mason (Asia Kate Dillon). Die Showdowns im Finale jeder Staffel sind sensationell, auch eine Begegnung mit einem russischen Oligarchen (John Malkovich) wird zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Nachdem er sich zuletzt selbst aus dem Rennen um den nächsten James Bond nahm („Bis der gedreht wird, bin ich zu alt und schwach“), hatte -Damian Lewis nun noch Zeit für eine Herzensangelegenheit – die allerdings auch mit Geheimdiensten zu tun hat: In der achtteiligen Dokumentation „Spy Wars“ erzählt er von den wichtigsten Agenten der vergangenen 40 Jahre. Seit er das CIA-Hauptquartier in Langley besuchen durfte, war sein Interesse geweckt – nur seine Bescheidenheit stand ihm zunächst im Weg: „Ich sehe mich nicht als Präsentator, aber es ist eine gute Gelegenheit, diese populären Geschichten genauer anzusehen. Es geht da ja auch um die Konsequenzen, die ganz persönliche Entscheidungen Einzelner für die Weltpolitik haben.“ Die Serie läuft seit Oktober im britischen History-Channel, wurde aber schon in viele weitere Länder verkauft und kommt mit Glück demnächst auch hier an. Birgit Fuß
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