Radiohead: Gitarrist Jonny Greenwood nimmt BDS-Vorwürfe auseinander

Im Zentrum der Kritik: Ein Albumprojekt mit Dudu Tassa und ein Auftritt in Tel Aviv

Seit fast 20 Jahren arbeitet Jonny Greenwood nun schon mit dem israelischen Musiker Dudu Tassa zusammen. Im Sommer 2023 veröffentlichten die beiden zuletzt ein Album mit arabischen Liebesliedern namens „Jarak Qaribak“. Im Studioteam waren Kollegen wie Ahmed Duma aus Kairo, Noor Freitah aus Ramallah oder Rashid Al-Najjar aus Beirut.

Ein interkulturelles Projekt, das die vielfältigen Musik-Traditionen im Nahen Osten über alle Grenzen hinweg widerspiegelt. Bei einem Konzert im Barby Club von Tel Aviv am 26. Mai wurde dieses Crossover mit vielen Gästen auf die Bühne gebracht.

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Und prompt setzte es harsche Kritik der „Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel“ (PACBI), einer Sektion der Israel-Boykott-Bewegung BDS. Aktivisten werfen Greenwood vor, „mit seiner Kunst einen Völkermord zu vertuschen.“

„Wir rufen dazu auf, friedlichen, kreativen Druck auf seine Band Radiohead auszuüben“

Die Kritik wird dabei auch auf Radiohead übertragen. „Wir rufen dazu auf, friedlichen, kreativen Druck auf seine Band Radiohead auszuüben“, heißt es drohend auf der PACBI-Website. „Damit sie sich überzeugend von dieser eklatanten Komplizenschaft mit diesem eklatanten Verbrechen distanziert, oder mit Maßnahmen des Volkes rechnen muss“.

Greenwood, der am Tag vor dem Konzert an einer Demonstration in Tel Aviv teilgenommen hatte, bei denen die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen und umgehende Neuwahlen gefordert wurden, reagierte auf die Anwürfe mit einer ausführlichen Erklärung, die er auf seinen Social-Media-Kanälen veröffentlichte.

Er verweist auf die lange Zusammenarbeit mit Tassa und die vielfältigen Festival-Auftritte in all den Jahren:

„Ich denke, ein künstlerisches Projekt, das arabische und jüdische Musiker zusammenbringt, ist sinnvoll. Und eines, das daran erinnert, dass die jüdischen kulturellen Wurzeln in Ländern wie dem Irak und dem Jemen tausende von Jahren zurückreichen, ist ebenfalls wichtig.“

Greenwood führt aus, dass Tassa der Enkel eines der berühmtesten irakischen Komponisten ist, einer der legendären Brüder Al Kuwaity. Deren Musik wird immer noch regelmäßig in arabischen Radiosendern gespielt, aber er betont auch, dass „ihr jüdisches Erbe leider nicht mehr erwähnt wird“.

Er glaubt an die verbindende Kraft der Kunst, so eingeschränkt diese in Zeiten des Krieges sein mag:

„Wenn man ein künstlerisches Projekt als ‚wichtig‘ bezeichnet, wird dem Ganzen eine gewisse Ernsthaftigkeit zugeschrieben. In Wirklichkeit geht es nur darum, dass Musiker aus dem gesamten Nahen Osten sich gegenseitig respektieren, über Grenzen hinweg zusammenarbeiten und unsere Liebe für den langen Katalog arabischer Lieder teilen – ganz gleich, ob sie von muslimischen, jüdischen oder christlichen Komponisten geschrieben wurden.“

„Außerdem ist keine Kunst so ‚wichtig‘, um all den Tod und das Leiden um uns herum zu stoppen. Wie kann sie das? Aber nichts zu tun scheint eine schlechtere Option zu sein. Und israelische Künstler zum Schweigen zu bringen, weil sie als Juden in Israel geboren wurden, scheint kein Weg, um eine Verständigung zwischen den beiden Seiten dieses scheinbar endlosen Konflikts zu erreichen.“

„NICHT fortschrittlich“

„Israelische Filmemacher/Musiker/Tänzer zum Schweigen zu bringen, wenn ihre Arbeit im Ausland gezeigt wird – vor allem, wenn dies auf Drängen ihrer westlichen Filmemacher/Musiker/Künstler-Kollegen geschieht – erscheint mir NICHT fortschrittlich. Zumal gerade diese Menschen oft genug die fortschrittlichsten Mitglieder ihrer Gesellschaft sind.“

Greenwood schießt mit einer Art Grundsatzerklärung zu seinem Musikprojekt in Israel:

„Das ist der Grund, warum ich mit dieser Band Musik mache. Sie können gerne mit dem, was wir tun, nicht einverstanden sein oder es ignorieren, aber ich hoffe, Sie verstehen jetzt, was die wahre Motivation ist, und können auf die Musik ohne Argwohn oder Hass reagieren.“

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