Radfahren auf dem Mond oder Neo-Psychedelia für die Haarspray-Generation
Eric Pfeil erkundet das Wunderland der 80er-Neo-Psychedelia und bespricht die besten fünf Platten einer vergessenen Ära. Mit dabei: Dukes of Stratosphear und Mercury Rev.
WIR SEHEN UNS ZUM 25-UHR-TEE!
Im Jahr 1985 begab es sich, dass vier Musiker mit so wohlklingelnden Namen wie Sir John Johns, The Red Curtain, Lord Cornelius Plum und E.I.E.I. Owen ein Album einspielten, das aussah und klang, als hätte man es mittels einer Zeitmaschine direkt aus dem Jahr 1967 in die Achtziger geschossen. Hinter den Pseudonymen verbargen sich keine Geringeren als die Mitglieder der Band XTC. Hatten diese auch auf ihren regulären Alben schon immer eine Neigung zum Psychedelischen gezeigt, so war bei ihrer Arbeit unter dem Bandnamen The Dukes of Stratosphear endgültig alles aus: Es gibt wohl kein Album, das Sound und Geist des Pop-Jahres 1967 so perfekt nachstellt wie „25 O’Clock“ (1985). Viele glaubten es gar mit einer Wiederveröffentlichung aus besseren Zeiten zu tun zu haben, so perfekt war die Täuschung. Der Umstand, dass die Platte von einem seltsamen, surrealen Humor durchzogen ist, rückt sie zudem in die Nähe eines akustischen Monty-Python-Scherzes. Dabei ist die Musik auch ohne in die Wange geschobene Zunge großartig:
Beim Betrachten des Covers muss im Veröffentlichungsjahr selbst ausgewiesenen Psych-Experten vor Begeisterung der Knorpel aus den Gelenken geflogen sein: „25 O’Clock“ sieht aus wie eine explodierende Arbeit von Peter Blake. Partridge und Colin Moulding hatten natürlich an alle Injokes gedacht: Produziert wurde das Album angeblich neben John Leckie und den Musikern von einem ominösen indischen Guru namens Swami Anand Nagara; die Firma Virgin rückte sogar in einer einmaligen Aktion ihr altes Label-Logo heraus.
Das Erstaunlichste aber ist neben dem perfekt sitzenden Sound (hier klingt jeder Tom-Schlag exakt nach „Revolver“ und jedes Rückwärts-Tape genau nach „S.F. Sorrow“) die schiere Qualität der Songs. Für einen cleveren popkulturellen Witz so gutes Material anzuschleppen – das konnte Mitte der Achtziger nur der Perfektionist Andy Partridge. „25 O’Clock“ wurde später mit dem ebenfalls grandiosen Nachfolgewerk „Psonic Psunspot“ auf einer CD wiederveröffentlicht, aber man braucht natürlich die Vinyls.