R.E.M: Erster gemeinsamer Auftritt seit 15 Jahren – „Losing my Religion“
Michael Stipe spricht bei der Gala der US-Songwriter von „Freunden fürs Leben“. Dann überraschen sie mit „Losing my Religion“
Großer Bahnhof in New York City. Die ehrwürdige „Songwriters Hall Of Fame“ hat ihre neuen Ehrenmitglieder gekürt. Neben Steely Dan, Hillary Lindsey, Timothy „Timbaland“ Mosley und Dean Pitchford wurden auch R.E.M. in die amerikanische Komponisten-Gilde aufgenommen.
Zur großen Überraschung des Publikums trat die Band für eine Akustik-Performance von „Losing My Religion“ auf die Bühne. Mit allen vier Originalmitgliedern. Ihr erster gemeinsamer Auftritt seit 15 Jahren, und der erste mit Drummer Bill Berry seit seinem Ausstieg 1996.
R.E.M. nahmen ihre Mitgliedschaft vom US-Singer/Songwriter Jason Isbell entgegen, nachdem dieser eine Coverversionen von „It’s The End of The World As We Know It (And I Feel Fine)“ gespielt hatte. Michael Stipe ließ es sich nicht nehmen, im Namen der Band einige Worte ans erlesene Fachpublikum zu richten:
„Songs zu schreiben und einen Katalog aufgebaut zu haben, auf den wir alle stolz sind und der für den Rest der Zeit für die Welt da draußen bleibt, ist zweifellos der wichtigste Aspekt dessen, was wir als Band getan haben. An zweiter Stelle steht die Tatsache, dass wir es geschafft haben, dies über all die Jahrzehnte hinweg zu tun und dabei Freunde zu bleiben. Und zwar nicht nur Freunde, sondern liebe Freunde, Freunde fürs Leben“, sagte er.
Stipe betonte besonders den Zusammenhalt in der Band: „Wir sind vier Leute, die schon sehr früh beschlossen haben, dass wir unsere eigenen Master besitzen und unsere Tantiemen und Songwriting-Credits gleichmäßig aufteilen würden. Wir waren alle für einen, und einer für alle! Und so haben wir unsere Arbeit auch gestaltet. Es ist gut gelaufen, manchmal sogar großartig. Es war eine wirklich bemerkenswerte Reise!“
Im Umfeld der Zeremonie zur „Songwriters Hall of Fame“ hat der Sender CBS das erste gemeinsame Interview als Band seit 30 Jahren aufgenommen. Man traf sich im nach wie vor existierenden Hauptquartier in Athens/Georgia, besichtigte das imposante Lager mit Instrumenten, Verstärker und Studiobändern, um dann an einem großen Tisch zu plaudern.
Peter Buck räumte ein, dass die Band nach dem Ausscheiden von Drummer Bill Berry Schwierigkeiten hatte, sich überhaupt auf einen weiteren musikalischen Kurs zu einigen, sowohl stilistisch als auch die Art der Aufnahmen oder die Frage, ob und wie man auf Tournee gehen sollte. „Wir konnten uns kaum darauf einigen, wohin wir zum Essen gehen sollten. Heute können wir uns nur noch darauf einigen, wohin wir zum Essen gehen“, scherzte er.
Gleichwohl wird Buck in der Runde als großer Motor bei R.E.M. erachtet:
„Jemand musste den Zug antreiben, und wir waren alle mehr als glücklich, dass Peter stets unser Motivator war“, sagte etwa Mike Mills. „’Mehr als glücklich‘ ist vielleicht nicht der Ausdruck, den ich Band-intern verwenden würde“, so Buck. Mit einem Lachen rückt Michael Stipe den „Antreiber“ Peter Buck ins richtige Licht. „Es gab eine ganze Reihe von Aufgaben und Pflichten, die es nicht gegeben hätte, wenn du uns nicht immer so stark Feuer unter dem Hinter gemacht hättest!“
Ironie und Scherze auch zum großen Radio-Hit „Losing My Religion“:
Das Herumklimpern auf der Mandoline wäre reiner Zufall gewesen, so Peter Buck. Er räumt ein, dass er auf dem Instrument weiterhin ein blutiger Amateur ist. Stipe wiederum kann sich nicht an eine Inspiration oder eine tiefere Bedeutung für den Text erinnern. Er weiß nur, dass der Refrain ursprünglich. „That’s me in the kitchen“ heißen sollte. Niemand bei REM hätte gedacht, , dass daraus ein großer ein Hit werden würde. „Er ist wie eine Hummel. Eigentlich sollten sie nicht fliegen können. Dieser Song hätte kein Hit werden sollen.“.
In der Rückschau sagten die R.E.M.-Mitglieder unisono, dass sie trotz der zeitweiligen Pausen nie darüber nachgedacht hätten, die Band zu verlassen.
Alle außer Berry – wegen seiner Gehirnoperation.
„Es war eine seltsame Zeit für mich. Und ich habe es auch für die Jungs nicht einfach gemacht.“ Doch seine Entscheidung wurde allseits respektiert. Seine langwierige Genesung hätte sein Energieniveau gesenkt. Er hätte nicht nicht mehr den gleichen Elan hatte wie früher, so Berry. Ein Entschluss, den er später im Leben gelegentlich bereut hat. Doch Peter Buck ist sich sicher: „Wir haben zum richtigen Zeitpunkt aufgehört, mit einem großem Album, einer tollen Tour.“
Es ist an Michael Stipe ein würdiges Schlusswort dazu zu finden: „Wir sind auch hier, um die Geschichte zu erzählen, und wir sitzen mit tiefer Bewunderung und … lebenslanger Freundschaft zusammen an einem Tisch. All zu viele Leute im Geschäft können das nicht von sich behaupten.“