Queen und das spektakuläre Tribute-Konzert für Freddie Mercury

Bis heute ist „A Concert for Life: The Freddie Mercury Tribute Concert“ das größte Konzert, das jemals für einen toten Musiker stattfand.

Bei den Brit Awards im Februar 1992 machte Queen-Gitarrist Brian May eine Ankündigung: Am 20. April soll es ein Gedenkkonzert für den verstorbenen Freddie Mercury geben. „Wir hoffen“, sagte May dem Publikum, „viele von euch da zu sehen.“ Keine Frage: Nach drei Stunden waren alle 72.000 Karten für den Gig im Londoner Wembley Stadium verkauft.

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Bis heute ist „A Concert for Life: The Freddie Mercury Tribute Concert“ das größte Konzert, das jemals für einen toten Musiker stattfand. Mit einigen bewegenden Reden: Nie zuvor, und niemals wieder danach sollte über die Krankheit Aids vor einem derart großen Live-Publikum gesprochen werden.

Könnte es heute noch passieren, dass eine Schauspiel-Größe wie Elizabeth Taylor zehntausenden in Wembley und Millionen vor den Fernsehern zuruft: „Please Use Condoms“?

Es gab auch einige Auftritte, die schlecht waren (und an die man sich nicht mehr erinnern möchte)

Welchen Einfluss der im November 1991 verstorbene Queen-Sänger Mercury auch nach seinem Tod haben sollte, und das auf bereits etablierte Stars, sogar Superstars, machte dieses Konzert deutlich. Etliche Momente der Veranstaltung werden heute noch erinnert. Und während einige der Künstler durch ihren Auftritt noch bekannter wurden, haben andere sich ein wenig blamiert – was man ihnen auch bis heute vorhält. Zum Beispiel Bowie. Aber dazu später.

Das Konzert setzte sich aus zwei Abschnitten zusammen. Teil eins bestand aus 3-Song-Sets von Rockbands, die dem Publikum einheizen sollten; dafür durften sie eigene Songs spielen, sogar Spinal Tap hatte man dazu angefragt. Der zweite Teil bestand aus einem Konzert, bei dem Weggefährten oder Bewunderer gemeinsam mit den verbliebenen Queen-Mitgliedern Brian May, Roger Taylor und John Deacon überwiegend Queen-Lieder interpretierten.

Es gab einige Auftritte an diesem Abend, die schlecht waren. Und Auftritte, an die man sich kaum noch erinnert oder kaum erinnern möchte (weil die Musiker heute, mehr als 20 Jahre später, keine Rolle mehr spielen oder ihr Bezug zu Queen nicht nachzuvollziehen ist).

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Was ist eigentlich aus Extreme geworden? Sie waren anscheinend Queen-Fans, wurden Anfang der Neunziger höher gehandelt, daher ging ihr Auftritt wohl ok. Aber mussten Def Leppard wirklich sein? Und warum erhielt Lisa Stansfield eine so prominente Auftrittszeit fast gegen Ende des Konzerts? „Augenzwinkernd“ sang sie „I Want To Break Free“ und schritt mit dem Staubsauger in der Hand über die Bühne. Was beim transvestitisch als Hausfrau verkleideten Mercury im Musikvideo von 1984 noch halbwegs gewagt rüberkam (danach war aber die Karriere der Band in den USA gelaufen), wirkte bei dieser echten Frau albern.

Ihr an diesem Abend gesungenes Duett mit George Michael wiederum, „These Are The Days Of Our Lives“, entwickelte sich zu einer recht erfolgreichen Live-Single. Überhaupt profitierte George Michael, der für diesen Abend einen Immobilienmakler-Blazer aus seiner Garderobe zauberte, sehr von dieser Veranstaltung. Im Anschluss ans Konzert veröffentlichte er seine „Five Live EP“, inklusive des Queen-Covers „Somebody To Love“. Die hielt den Sänger, der in den Neunzigern nur noch sporadisch eigene Songs aufnehmen sollte, über Jahre im Gespräch.

Liza Minelli konnte das Musical-artige „We Are The Champions“ aus dem Eff-Eff

Klar, die Duette. Neben George & Lisa und David Bowie & Annie Lennox („Under Pressure“) gab es da zum Beispiel noch Axl & Elton. Axl Rose‘ Band Guns N‘ Roses war nach Veröffentlichung ihrer Doppelalben „Use Your Illusion I & II“ 1991 neben U2 die größte Band der Welt. Ihnen wurde für das Mercury-Tributkonzert das volle Programm eingeräumt: Miniset zu Beginn, Finale mit „We Will Rock You“, und vorab: der mit Pyro-Effekten eingeleitete Blitz-Auftritt von Axl beim härteren Part von „Bohemian Rhapsody“, dessen erste Strophe Elton John übernahm.

Das Duett der beiden war wohl auch politisch motiviert. Rose wurde seit Jahren vorgehalten, er sei homophob. Bei dem gemeinsamen Auftritt umarmten sich die zwei, wenn auch etwas ungelenk; Rose war am Ende des Lieds völlig außer Atem, richtig fertig. Für Fans und Kritiker war „Bohemian Rhapsody“ zu Recht der Höhepunkt des Abends.

Es gab Musiker, da musste man sich fragen: Warum waren sie da, und wohin mit ihnen. Zucchero war beim ungeliebten „Las Palabras De Amor“ immerhin gut aufgehoben, Paul Young verfrachtete man flugs zu „Radio Ga Ga“, Liza Minelli konnte das Musical-artige „We Are The Champions“ aus dem Eff-Eff. Probleme gelöst. Und der wahrscheinlich mit einer Dauerkarte für Londoner Charity-Festivals ausgestattete Bob Geldof durfte im Vorprogramm eines seiner vielen nicht bekannten Lieder darbieten.

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Von der B-Liga der Musiker jedoch absolvierte der heute nur noch als Ex-Klum-Gatte bekannte Seal den besten und auch seinen bekanntesten Auftritt. Damals als Star ins spe gefeiert, dank seiner Single „Crazy“, sang er „Who Wants To Live Forever“ aus dem Queen-Album „A Kind Of Magic“ von 1986. Eine gute, mutige Wahl. Gelten die Queen-Songs der Achtziger unter Fans zu Unrecht als schwach. Aber so gut wie an diesem Abend sollte Seal auch nicht mehr sein.

Guns N‘ Roses kamen eben und gingen

Hardrockmusiker zählten zu den Gewinnern des Abends. Robert Plant vermischte „Innuendo“ königlich mit dem eigenen „Kashmir“, auch Roger Daltrey und Tony Iommi stellten mit ihren Songs eine Verwandtschaft zu „I Want It All“ (Achtziger-Queen!) her. Der erste Auftritt des Tages gehörte Metallica. Auf Festivals spielen Opener meist vor leeren Rängen, hier jedoch war das Stadion bereits voll. Der Metallica-Auftritt musste also augenblicklich sitzen.

Und James Hetfield und Kollegen standen von Beginn an auf der sicheren Seite. Sie schienen an diesem Nachmittag zu verstehen, dass sie mit ihrem „Black Album“ zur ersten Metal-Stadionband überhaupt aufsteigen würden. Metallica mussten dafür nur „Enter Sandman“ und „Sad But True“ abfeuern. Das Publikum ging mit. Das Revier war also markiert; daran änderte auch der Auftritt der letzten Band vor dem Haupt-Set, bevor man die Bühne für Queen frei machen würde, nichts: Guns N‘ Roses kamen halt und gingen.

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Galt Axl Rose schon damals als höchst unzuverlässig und formschwankend, gelang es ihm und seiner Gruppe hier jedoch, höchst präzise zwei Stücke darzubieten. Die Interpretation ihres Dylan-Covers, „Knocking On Heaven’s Door“, ist heute die bekannteste Einzelsequenz des gefilmten Abends, sie wurde später zum offiziellen Musikvideo.

Bowie … Bowie! David Bowie war ein enger Freund Mercurys, er trat hier fast als Letzter auf und trug drei Lieder vor. Mit viel Selbstbewusstein, schließlich hatten zwei davon („All The Young Dudes“, das ihn live mit Mick Ronson vereinte, sowie „Heroes“) mit Queen gar nichts zu tun. Diesen Selbstbezug leistete sich kein anderer der Künstler, die beim Mainset mit Queen zusammen spielten.

Bowie: drei Songs abgeliefert, dann passierte etwas Unvorhergesehenes. Etwas, das der Sänger später als spontane Idee bezeichnete. Auf jeden Fall aber haben ihm diese Idee sowohl a) Queen-Fans, als auch b) Bowie-Fans, als auch c) die internationale Presse krumm genommen. Ganz so schlimm, wie es das „Q“-Magazin bezeichnete, die diese Szene regelmäßig in ihren Best-Of-Listen der „peinlichsten Musikmomente“ festhält, war dieser Einfall jedoch nicht: Bowie sank spontan auf die Knie, bat um Stille und sagte in Gedenken an Freddie Mercury das Vaterunser auf.

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Das war nicht peinlich, auch nicht prätentiös. Nur überforderte Bowie damit vielleicht sein Publikum, das bis dahin nicht in andächtiger Stimmung gewesen war; eben ganz nach dem Wunsch Brian Mays, doch vor allem das Leben des Queen-Sängers zu feiern statt zu trauern.

Mit Bowies „Lord’s Prayer“ hat man heute jedoch Frieden geschlossen. Das Gebet wurde später in der offiziellen Tracklist des Konzerts vermerkt.

Setlist

Ohne Queen:
Metallica – „Enter Sandman“, „Sad But True“, „Nothing Else Matters“
Extreme – Queen Medley, „Love of My Life“ (Gary Cherone & Nuno Bettencourt), „More Than Words“ (Gary Cherone & Nuno Bettencourt)
Def Leppard – „Animal“, „Let’s Get Rocked“, „Now I’m Here“ (mit Brian May)
Bob Geldof – „Too Late God“
Spinal Tap – „The Majesty of Rock“
U2 – „Until the End of the World“ (per Satellit aus Sacramento)
Guns N‘ Roses – „Paradise City“, „Knockin‘ on Heaven’s Door“
Mango Groove – „Special Star“ (per Satellit aus Johannesburg)
Elizabeth Taylor – AIDS Prevention Speech

Mit Queen
Queen + Joe Elliott/Slash – „Tie Your Mother Down“
Queen + Roger Daltrey/Tony Iommi – „Heaven and Hell“ (intro), „Pinball Wizard“ (intro), „I Want It All“
Queen + Zucchero – „Las Palabras de Amor“
Queen + Gary Cherone/Tony Iommi – „Hammer to Fall“
Queen + James Hetfield/Tony Iommi – „Stone Cold Crazy “
Queen + Robert Plant – „Innuendo (mit „Kashmir“), „Thank You“ (intro), „Crazy Little Thing Called Love“
Brian May mit Spike Edney – „Too Much Love Will Kill You“
Queen + Paul Young – „Radio Ga Ga“
Queen + Seal – „Who Wants to Live Forever“
Queen + Lisa Stansfield – „I Want to Break Free“
Queen + David Bowie/Annie Lennox – „Under Pressure“
Queen + Ian Hunter/David Bowie/Mick Ronson/Joe Elliot/Phil Collen – „All The Young Dudes“
Queen + David Bowie/Mick Ronson – „Heroes“
David Bowie – „The Lord’s Prayer“
Queen + George Michael – „’39“
Queen + George Michael/Lisa Stansfield – „These Are the Days of Our Lives“
Queen + George Michael – „Somebody to Love“
Queen + Elton John/Axl Rose – „Bohemian Rhapsody“
Queen + Elton John/Tony Iommi – „The Show Must Go On“
Queen + Axl Rose – „We Will Rock You“
Queen + Liza Minnelli/Cast – „We Are the Champions“
Queen – „God Save the Queen“ (taped outro)

Michael Putland Getty Images
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