Priester der Güte

Nach zweijähriger Pause wollen die Philosophen von FAITHLESS jetzt wieder arme Seelen retten

Da hatte man schon das Ende vermutet: Die Clubphilosophen von Faithless haben in den vergangenen zwei Jahren nur dadurch von sich reden gemacht, dass die Schwester des Vordenkers Rollo Armstrong, Dido, zum Star in eigener Sache avancierte und für Faithless also nicht mehr zur Verfügung stand. Ihre Kollaboration mit Eminem bei dessen Hit „Stan“ war für Dido der Start einer erstaunlichen Karriere. Am meisten staunten ihre ehemaligen Kollegen, die ihr das wohl doch nicht zugetraut hätten.

Ansonsten war Ruhe im Lager der Ungläubigen – eine Ruhe, die Frontmann und Gedichtrezitator Maxi Jazz allerdings als die beste Entscheidung in der Bandhistorie beschreibt „Wir mussten nach zwei Jahren pausenloser Tourneen erst einmal unser Leben wiederfinden, mussten Straßenbahn fahren und abwaschen und solche Dinge“, sagt er. „Wenn man auf Tournee ist, verliert man total die Beziehung zu anderen Menschen. Die einzige Verantwortung besteht darin, im richtigen Moment aufs Klo zu gehen.

Rock&Roll

Am Ende standen unsere Leben völlig auf dem Kopf.“

Das letzte Album „Sunday 8pm“ war entsprechend eine rechte Tristesse aus kargen Beats und eingekehrtem Gemurmel, die Faithless‘ Einsamkeit im Niemandsland der fahrenden Musikanten ganz gut illustrierte. „Was soll man denn sonst in einem solchen Zustand fiir eine Platte machen“, fragt Tastenfrau und Klangchefin Sister Bliss rhetorisch, „während die Leben unserer Freunde einfach weitergingen, hingen wir im Nirgendwo und sahen obendrein unsere Beziehungen den Bach runter gehen. Da wird man halt melancholisch.“

Damit ist jetzt Schluss. Nach der selbst auferlegten Pause von der Kunst melden sich Faithless mit „Outrospective“, ihrem dritten Album, zurück, und der Name sagt schon viel „Klar gibt’s auch wieder viele stille Momente“, räumt Bliss ein, „aber wir wollten dieses Mal, dass alle Farben und Konturen ganz vorne sind. It’s out and proud, man!“ Tatsächlich wundert man sich. Auf „Outrospective“ mengen Faithless dem bekannten religiösen Eifer, der sie mit“GoIsADJ“ zu Beat-Priestern der sich ohnehin gern spirituell gerierenden Dance-Gemeinde machte, gelegentlich klare Song-Strukturen und New-Soul-Freudigkeit. Letztere entstand vor allem bei der Arbeit am Song „Muhammad Ali“, wie Sister Bliss berichtet: ,JRollo hatte dieses funkige Philly-Soul-Bläser-Sample. Das ist natürlich ganz un-Faithless-mäßig, aber wir liebten es irgendwann alle, weil Rollos Enthusiasmus so ansteckend war. Maxi war jedenfalls inspiriert genug, um einen Text dazu zu schreiben.“ Die Stimmung im Studio hätte kaum schöner sein können. „Wir gehen inzwischen halt bewusster mit unserer Musik und mit uns selbst um“, erklärt Bliss, „dass kann man natürlich hören.“

Und spüren: Im Gespräch wirken Bliss und Maxi trotz Promo-Marter ruhig und ausgeglichen, gütig gar, und einiges dieser Güte mag man im neuerlichen musikalischen Gemeinschaftswerk wiedererkennen. Das passt gut zum Kapellen-Credo. „Es ging uns immer darum, im positiven Sinne auf Menschen Einiluss zu nehmen“, erläutert der praktizierende Buddhist Maxi. „Ich bin nicht zuletzt selbst durch meine Lieblingsplatten zu einem besseren Menschen geworden.“ Klingt wie eine gute Motivation.

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