Kommentar

Preise für Konzert-Tickets sollten nicht weiter auseinander driften

In den USA müssen für Konzerte von internationalen Top-Acts gewaltige Summen bezahlt werden. Der Grund: Die Preise richten sich dort inzwischen nach der Nachfrage. Eine fatale Entwicklung, die auch bald in Deutschland Realität sein könnte.

Die Rolling Stones im Berliner Olympiastadion für etwas mehr als 70 Euro? Das ist noch gar nicht so lange her. 2003 musste diese Summe für Stehplätze bezahlt werden. Die besten Sitzplätze gab es schon für knapp 94 Euro. Klingt wie aus einer anderen Dimension, wenn man es mit Preisen von heute vergleicht. Für Eintrittskarten nur Meter vor der Bühne werden nun bis zu 600 Euro verlangt, VIP-Pakete gehören für die meisten großen Bands und Musiker:innen zum Deal dazu, um die Menschen in die Hallen und Stadien zu locken. Nicht anders ist es gerade bei Taylor Swift, die nach Jahren der Abwesenheit 2024 Deutschland besucht.

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Aber wer kann das alles noch bezahlen, gerade in Zeiten der Inflation? Für Konzerte werden inzwischen zahlreiche Preissegmente aufgerufen, bei denen die Preisspannen immer weiter auseinander klaffen. Gute Sicht gibt es in der Theorie nur noch für Besserverdiener. Oder eben solche, die sich einen Konzertbesuch lediglich bei ausgewählten Musikern und Bands leisten möchten – vielleicht einmal im Jahr. Und womöglich immer bei den selben alten Recken.

Preise gehen hoch, wenn die Nachfrage steigt

Aber es könnte noch verrückter werden: Der US-Kartenverkäufer Ticketmaster, der auch in Deutschland am Markt ist, bindet Preise für bestimmte Tickets inzwischen an die Nachfrage. Wer zu Bruce Springsteen will, muss zum Teil bis zu 5000 US-Dollar zahlen. Übliche Preise für Top-Acts, wie das Unternehmen in einer Mitteilung klarstellt. Es handele sich nur um ein kleines Segment von einem Zehntel aller Karten. Und die Menschen seien bereit, dafür zu zahlen.

Das Geschäftsmodell dahinter ähnelt dem, das inzwischen aus dem Reisegewerbe bekannt ist. Die Preise für Flugtickets und Hotel-Übernachtungen variieren fast stündlich, angepasst an die Nachfrage (zum Teil reicht es aus, wenn man als Kunde auf einer Website mehrmals nach dem selben Angebot sucht, dass der Preis steigt) und Kriterien, die dem Kunden nicht offenbart werden.

Wer schnell ist, kriegt es billiger – wer zögert, zahlt heftig drauf

Dieses System hat natürlich bei Urlaub und Geschäftsreise auch Vorteile für die Käufer. Wer schnell bucht, bekommt es mitunter wesentlich billiger. Wer spät kommt, zahlt aber drauf, zuweilen sogar deutlich. Sollte das auch beim Konzert-Betrieb zu Regel werden, würden vor allem Menschen, die sich nicht so viel leisten können, stark daran gehindert, Musik live zu erfahren. Aber auch so ist es schon beklagenswert, dass es überhaupt so viele verschiedene Preis-Kategorien gibt, in manchen großen Hallen manchmal bis zu zehn verschiedene, obwohl sich die Sicht oft gar nicht sehr unterscheidet.

In den ersten Reihen stünden polemisch gesagt tatsächlich nur noch Besserverdiener – und vielleicht nicht mehr die glühendsten Fans. Das wäre schade und würde über den Umweg eines aus vielen Gründen aus dem Takt geratenen Markts ein demokratisches Ideal untergraben, das solche Veranstaltungen immer hochgehalten haben: Kunst und hier insbesondere Musik sollte für alle da sein. Und nicht nur für jene, die beliebig investieren können.

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Bleibt zu hoffen, dass sich dieses System nicht auch in Deutschland durchsetzt, wo trotz zum Teil deutlich angestiegener Preise dieses Modell bislang nicht offiziell angekündigt ist. Allerdings haben Verbraucherschützer bei Eventim und Co. bereits seltsame Preisschwankungen festgestellt, etwa wenn man sich mit verschiedenen Geräten anmeldet oder mehrfach die Ticketauswahl besucht. Einen Riegel vorschieben kann man einer solchen Geschäftspraxis nicht. Das Angebot bestimmt die Nachfrage, und das ist in Fällen von Superstars wie Taylor Swift eben sehr viel größer als die Steh- und Sitzplätze in den Arenen.

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