Pop – wie es wirklich war – Sind BLUMFELD nun endgültig zum Massenphänomen geworden?
HAMBURG, GROSSE FREIHEIT 36
Früher war ein Blumfeld-Konzert in Hamburg ein bisschen wie Harald Juhnke am Kuhdamm: Fast jeder hatte schon einmal mit ihnen getrunken und man kannte sich.
Mittlerweile aber steht Blumfeld hoch oben in den Charts, der ältere Junggeselle ist vom Szene-Act zum Massenphänomen geworden. Hornbrillen kommen im Publikum kaum noch vor. „Ich kenne ja eigentlich nur einen Song von denen, aber den finde ich sehr schön“, gesteht die Baby-Boomerin mit der „Graue Wolken“-Maxi beim Einlass. Blumfeld ist endgültig im Pop angekommen, hermeneutische Spökenkiekerei findet jetzt woanders statt.
So wirft Distelmeyer nur noch selten die Diskursmaschine an und begnügt sich mit einem „Mein System kennt keine Grenzen™ und jetzt alle™“. Das ist dann auch so gemeint Es folgen einige Stücke von „Testament der Angst“ und viele von ,L’EtatEtMoi‘ , ihrer einzigen Platte mit echtem Pop-AppeaL Live ist nichts zu merken von dem angeblichen Riss, der durch das Distelmeyersche Werk gehen soll. Ob „Weil es Liebe ist“ oder „Ich – wie es wirklich wahr“, alle fügen sich zu einem harmonischen Gesamtbild. Die Menge tobt, keine zehnminütigen Ansagen mehr, nur ein kurzes „Danke“ – weiter geht’s. Schneller Abgang. Zugabe:
Nach dem obligatorischen „Tausend Tränen tief“ zu brennender Zigarette folgen die beiden Höhepunkte: Das bewegte „So lebe ich“ in seiner ganzen Pracht, gefolgt von einem furiosen „Verstärker“. Da mögen sie von Ausverkauf palavern wie sie wollen, wenn der so klingen sollte, dann weiter so. „Totgesagt und nicht gestorben/Geistern wir durch neue Formen“ – das ist richtig, Jochen!