Pop-Archäologie: Brian Wilsons Vermächtnis
Bekreuzigen wir uns, bevor wir den Titel schreiben: „Pet Sounds“. Und nun, 30 Jahre danach, die „Pet Sounds Sessions“, vier CDs in der Box, das Album in Mono-Fassung remastered, dazu erstmals ein Stereo-Mix, beaufsichtigt von Brian Wilson, dem labilen Genius, selbst.
„The making of…“ also, ganz zeitgemäß: isolierte Trümmer und Einzelteile, die Harmoniegesänge, die Flöten, das Schlagzeug, die Bläser von „Trombone Dixie“, die himmlischen Melodien – das Wunderwerk als Stückwerk, seltsam faßbar.
Es gibt ja, neben den unsterblichen Anekdoten, die den „Smile“-Komplex betreffen, zwei zentrale Aussagen: Brian Wilsons schlichte Auskunft, er habe „Rubber Soul“ etwas noch Schöneres entgegensetzen wollen und George Martins Geständnis, „Sgt. Pepper“ wäre ohne „Pet Sounds“ nicht möglich geworden. Die Beatles-„Anthology“ wird nun mit den „Sessions“ gekontert, was auch insofern stimmig ist, als Brian Wilson irgendwann während der „Smile“-Arbeiten seine Vision verloren und nicht mehr wiedergefunden hat. Da kam beinahe nichts mehr. Es war alles zuviel geworden.
Don’t blame it on the drugs! Es müssen zahllose Stimmen in seinem überforderten Kopf gewesen sein, als er diese „Pet Sounds“ ausbrütete, eine Symphonie von Wohlklang, ein Konzert kompliziertester Arrangements. Man hört auf den CDs Wilsons präzise Anweisungen an die Musiker, einziger Beweis dafür, daß die Musik nicht immer schon existierte, sondern tatsächlich erschaffen wurde. Und doch ist „Caroline No“ im Werden so ergreifend wie das „Caroline No“, das Brian Wilson Jahre später nochmals aufnahm.
Selbst diese erschöpfende Dokumentation aber läßt „Pet Sounds“ sein Geheimnis. Den Schöpfer, inzwischen ein gutmütiges Monument gnädiger Leere, braucht man nicht zu fragen. God only knows.