PONY CLUB ist ein lustiger Bandname, aber in den Liedern von Mark Cullen herrscht blankes Entsetzen
Zu den Schwärmern kann man Mark Cullen nicht zählen. Es fehlen ihm die roten Wangen und die arglose Leidenschaft, mit denen uns britische Popbands wie Jack oder Space, die es naturgemäß nie nach oben geschafft haben, vor ein paar Jahren für kurze Zeit begeistert haben. Cullens Gesichtszüge sind verhärtet, sein distanziert ironischer Blick auf die morbide Seite des Alltagslebens im Dubliner Vorort Finglas, dem er entstammt und längst gen London entflohen ist, zeugt von der Gabe zu punktgenauer Beobachtung. Ansonsten nur Probleme: Mark hasst Promotiontermine und Gespräche mit der Plattenfirma, die Freundin zu Hause hört Westlife und lässt das Pony Club-Debüt „Home Truths“ links liegen, zuletzt hat ihn ausgerechnet Liam Gallagher in einem Pub um Geld angepumpt.
„Tja, den meisten Menschen empfehle ich tatsächlich, Songs zu schreiben“, sagt Cullen, „das ist eine Form von Psychotherapie, nur viel billiger. Ich fand es immer einfacher, Leute, die mir nahe stehen, nicht direkt zu konfrontieren, sondern meine Sichtweise einfach in einen Song zu verpacken. Manchmal klappt es: Die betreffende Person erkennt sich in dem Stück wieder und kommt von selbst auf mich zu. Andere kapieren es nicht: Ein Mädchen, über das ich mal ein Liebeslied schrieb, mochte die Musik gar nicht und war hinterher noch schlechter auf mich zu sprechen.“
„Home Truths“ ist doppelbödig: Wenn Cullen über die hässlichen Arbeiterviertel Dublins singt, wo „jeder seine erstgeborene Tochter Britney nennt“, klingt das, als würde er noch immer dort versauern. Andererseits erscheint die Platte dafür zu glamourös – ist das am Ende reiner Eskapismus? „Es ist eine Art von Flucht“, gesteht Cullen. „Trotzdem versuche ich eher, die Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe, so genau wie möglich zu beschreiben. Ich muss mir keine neue Realität ausdenken, weil meine eigene vielleicht zu langweilig wäre.“ So handelt das desolate „Home Is So Sad“ von Marks Bruder, der mit sieben von einem Geisteskranken verschleppt wurde und erst eine Woche später wieder auftauchte: „Bis zum heutigen Tag hat er sich geweigert, darüber zu sprechen oder sich das Lied anzuhören.“ Damit kann der Sänger gut leben. Er ist Kummer gewohnt.