Politik mit Pferdeköpfchen
In der Nu-Metal-Szene sind System Of A Down mit ihrem unorthodoxen Stilmix eher Außenseiter - und hinter ihren theatralischen Performances steckt eine Botschaft.
Man will eigentlich nichts wissen von System Of A Down, will sich die Hände nicht schmutzig machen mit stupidem, kulturgefährdendem Nu Metal, wie ihn die US-Jugend seit Jahren vorgesetzt bekommt. Doch wenn man hier weghört, schüttet man das Kind mit dem Bade aus. Denn das Quartett um Gitarrist Daron Malakian ist eine Art Kuckucksei im Nu-Metal-Lager, das wird einem auf dem neuen Album, „Mesmerize“ (der zweite Teil, „Hypnotize“, erscheint in wenigen Monaten) endgültig klar.
SOAD spielen zunächst ganz klassischen Power- und Trash Metal, haben Iron Maiden genauso verinnerlicht wie die frühen Pantera; auch die unheilvolle, tief gestimmte Riff-Gewalt von Sepultura steht Pate. Aber dann geht alles durcheinander: Malakian hängt scheinbar Zusammenhangsloses aneinander wie Babypuppen mit Pferdeköpfen und Insektenarmen, scheucht seine Band auf eine irrwitzige Jagd durch Stile, Breaks und theatralische Momente.
„Es ist ein Nebel für mich“, erzählt Malakian vom kreativen Prozeß, „diese Parts und Worte kommen von ein und demselben Ort in mir drin. Ich sehe Menschen und Situationen vor mir, aber ich habe keine Ahnung, wer oder wo sie sind. Es ist fast wie ein Traum; es fühlt sich an, als würde das alles irgendwo auf der Welt existieren – eines Tages werde ich dort sein, und es wird mir wie ein Deja Vu vorkommen.“ Malakian ist ein fragiler, irgendwie muskelloser Mann, der leise flüstert und seltsam lacht. Man wird vor ihm gewarnt, weil er plötzlich sehr aggressiv werden kann, und im Gespräch hat man tatsächlich das Gefühl, daß die betont weiche Freundlichkeit nur die positive Seite einer privaten Hölle ist. „Wenn Christen ihrem Gott nahe sein wollen, beten sie; sie bekommen dann kleine Einsichten in die ewige Welt. Well, that’s how I write sowgs. Ich bete, die Musik kommt zu mir, ich spreche sie aus.“ Die musikalische Brutalität und die drastische Sprache sind dabei kein reiner Dadaismus, sondern haben eine Zielrichtung: die der Kulturkritik nämlich. SOAD hassen Materialisten, Imperalisten, vor allem aber die USA des George Bush. Für die ultraaggressive Anklage hat es viel Schelte gegeben. ,Jeder nimmt sich etwas anderes von SOAD“, vermeidet Malakian die Fan-Exegese, „einige den Metal, einige das Theatralische, andere das Politische. Das alles sind Reflexionen auf das Leben.“